: Stopp der Müllexporte?
■ Töpfer will Ende der Transporte in die DDR noch vor Auslaufen der Verträge mit der 90er / Hamburg und Berlin protestieren: Töpfer überschreite Kompetenzen
Berlin (taz) - Proteste in Hamburg und West-Berlin hat Bundesumweltminister Töpfer gestern mit dem Versprechen provoziert, die Bundesrepublik werde noch vor Mitte der 90er Jahre auf Müllexporte in die DDR verzichten. In einem Interview des Saarländischen Rundfunks versicherte der CDU -Politiker, man dürfe mit dem Ausstieg nicht warten, bis die Verträge mit Ost-Berlin Mitte der 90er Jahre ausliefen. „Wir müssen den Stopp haben“, bestätigte Töpfer-Sprecher Huthmacher gestern der taz.
Mit seinem Versprechen hat der Bonner Minister allerdings einen Scheck ausgestellt, den andere einlösen müssen. Die Müllexporte liegen nämlich in der alleinigen Kompetenz der Bundesländer. Und während die CDU-Staaten Hessen und Baden -Württemberg nur geringe Müllmengen über die deutsch -deutsche Grenze auf die DDR-Kippen Schönberg, Schöneiche und Vorketzin schicken, sind die rot bzw. rot-grün regierten Stadtstaaten Hamburg und West-Berlin immer noch abhängig von den Müllexporten ins Nachbarland.
Die Begeisterung über Töpfers Vorstoß hielt sich in den beiden Städten gestern denn auch in argen Grenzen. „Das sind die besten Versprechen, wenn andere sie einhalten müssen“, schimpfte Jürgen Asmussen, der Sprecher des Hamburger Bausenators Eugen Wagner (SPD). „Herr Töpfer sollte seine Kompetenzen lieber dafür nutzen, daß weniger Müll anfällt“, rügte Asmussen den Bonner Minister. Im Gegensatz zur Bundesregierung könnten die einzelnen Bundesländer auf diesem Sektor nur Appelle starten. Würde aber die Regierung in Bonn gegen die Verpackungsflut angehen, dann „wäre das wirklich eine Hilfe“, meinte Asmussen.
Töpfers Versprechen zu erfüllen sei für West-Berlin „gar nicht möglich“, meinte Thomas Schwilling, Referent der Berliner AL-Umweltsenatorin Schreyer. West-Berlin sei, wie jede Stadt, darauf angewiesen, den Müll in seinem Umland zu entsorgen. „Schnellstmöglich“ will der rot-grüne Senat nun wenigstens dafür sorgen, daß die undichten, verseuchten Deponien Vorketzin und Schöneiche im Bezirk Potsdam nicht mehr beschickt werden müssen. Ob noch vor 1994 alternative Anlagen geschaffen werden könnten, sei aber unklar, räumte Schwilling ein.
Für West-Berlin, das jährlich vier Millionen Tonnen Schutt und Erde sowie eine Million Tonnen Hausmüll in die DDR liefert, endet der „Langfristvertrag“ Ende 1994. Hamburg (Jahresexport: etwa 700.000 Tonnen) hat Verträge mit der DDR, die bis 1997 laufen. Ob der Ausstieg schon früher gelingt, hänge von der Bereitschaft Schleswig-Holsteins ab, den hanseatischen Abfall verstärkt aufzunehmen, meinte Asmussen gestern.
Hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen