Mit Schluckbrunnen und Berstrobotern in die Wasserkrise

Die technologische Aufrüstung kann die Bedrohung des kostbarsten Lebensmittels nicht aufhalten / Das Kanalnetz der Bundesrepublik in einem verheerenden Zustand Auch Riesen-Investitionen in die Kläranlagen helfen nur wenig / Der Chemikalien-Cocktail im Wasser ist immer schwieriger zu analysieren  ■  Von Reinhard Mohr

Im Dezember 1843 traf der Rat der Hansestadt Hamburg eine weitblickende Entscheidung: „Es wird beabsichtigt, das zur Versorgung der Stadt nöthige Wasser aus dem Elbstrome zu entnehmen, weil dieses Wasser von chemisch damit verbundenen Substanzen freier ist als das Wasser der Flüsse Alster und Bille.“

140 Jahre nach Inbetriebnahme der ältesten zentralen Trinkwasserversorgung auf dem Kontinent ist aus dem Elbstrom ein „Vorfluter“ für Industrie- und Hausabwässer geworden, der Jahr für Jahr Zehntausende von Tonnen Quecksilber, Cadmium, Blei, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Nitrate, Cyanide, Öl und Pestizide auf dem Weg von der CSSR über die DDR bis in die Deutsche Bucht transportiert, wo der Meeresboden sich in eine Giftmülldeponie verwandelt hat.

Hamburgs weitblickende Stadtväter haben inzwischen dafür gesorgt, daß 80 Prozent des Trinkwassers aus tiefliegendem, sauberen Grundwasser gewonnen werden. Doch schon drohen neue Gefahren. Pestizide, Herbizide und Insektizide, insgesamt etwa hundert wassergefährdende Pflanzenschutzmittel, sind bislang im Grundwasser der Bundesrepublik nachgewiesen worden. Die Flucht in die letzten großen unterirdischen Wasserreservoirs hat längst begonnen.

900.000 Kilometer Abwasserkanäle im Zustand des Verfalls

Als der Autor eines Artikels Über die öffentliche Reinlichkeit in den Städten im Jahre 1857 versprach, Beiträge zur Besserung gegen „verderbliche Ausdünstungen“ in den Straßen Deutschlands zu liefern, konnte er nicht ahnen, daß zum Ende des folgenden Jahrhunderts fast vier Milliarden Kubikmeter Abwasser pro Jahr durch ein Kanalnetz von 900.000 Kilometer Länge rauschen würden. Erst recht nicht, daß „nur ein Bruchteil der Abwasserinhaltsstoffe beschrieben werden kann“, wie der Leiter des Düsseldorfer Wasserbauamtes meint.

Vollends entsetzt wäre der Zeitgenosse des Biedermeier, wenn er die Schäden der Kanalisationssysteme sehen könnte: Etwa 20 Prozent der öffentlichen und bis zu 60 Prozent der privaten Kanäle sind defekt. Durch Risse und Lecks sind vielerorts schon Boden und Grundwasser verseucht. Was in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Kampf gegen Pest und Cholera, für Hygiene und Fortschritt zum schnellen Abtransport menschlicher Fäkalien - zuerst in England, dann in Deutschland - gebaut wurde, hält heute trotz Modernisierung und Ausbau den Herausforderungen der Dioxin-Gesellschaft nicht mehr stand. Gifte und Säuren zersetzen selbst Beton und Kunststoffbeschichtungen.

Nur unter Einsatz modernster Technologie - vom Berstroboter mit Videokopf über das „pipe-eating„-Verfahren bis zum „Schlauchrelining im Ei-Profil“ - können die gefährlichen Schäden überhaupt registriert, eingestuft und schließlich behoben werden. Weil der Großteil der Kanalisation nicht begehbar ist und riesige Dauerbaustellen unzumutbar scheinen, müssen unterirdische Tunnelarbeiten erprobt werden, deren Schwierigkeiten im Detail stecken.

Wie dringend die Sanierung ist - geschätzte Kosten für das öffentliche Kanalnetz etwa 100 Milliarden Mark (!) -, zeigen besonders gravierende Beispiele. In Freiburg fallen im Jahr etwa 15 Millionen Kubikmeter Abwasser an; in der Kläranlage landet jedoch die doppelte Menge Wasser. Riesige Mengen wertvollen Grundwassers dringen durch Lecks in die Abwasserrohre. In Saarbrücken ist es gerade umgekehrt: Abwasser fließt ins tieferliegende Grundwasser. In Baden -Württemberg wurden 1988 allein 800 Grundwasserverseuchungen mit Chlorkohlenwasserstoffen (CKW) gezählt. In Hamburg, wo 1845 der erste europäische Abwasser-„Siel“ gemauert wurde, brachen gleich meterlange Löcher auf.

In den meisten Städten existiert noch nicht einmal ein grober Überblick über die Schäden, die seit Jahren und Jahrzehnten entstehen. Deshalb will der hessische Umweltminister jetzt per Erlaß dafür sorgen, daß alle Kommunen und privaten Unternehmen ihre Kanäle überprüfen und „gegebenenfalls“ sanieren. Computergestützte „Kanaldatenbanken“ sollen eine umfassende Schadensbewertung ermöglichen.

Weil eine gesetzliche Grundlage zur regelmäßigen Kontrolle der 600.000 Kilometer langen privaten Kanalisation nicht besteht, wissen Industriebetriebe zuweilen nicht einmal, wo ihre verrottenden Rohre eigentlich verlaufen. Experten schätzen, daß insgesamt rund 300 Millionen Kubikmeter Abwasser pro Jahr in bundesdeutschen Grund und Boden versinken. Die Sanierung wird Jahrzehnte in Anspruch nehmen und die öffentlichen Kassen plündern. Das Geschäft machen schon jetzt die Spezialfirmen der Bauindustrie. Sie nehmen bis 1.000 Mark pro Meter. Aber verseuchtes Grundwasser können auch sie nicht mehr retten.

Die Erdkruste als Giftendlager

Gleichzeitig sparen andere Unternehmen Geld, indem sie Millionen Kubikmeter Abwasser über „Schluckbrunnen“ in die Erde drücken. An 31 Orten im Bundesgebiet werden wasserführende Gesteinsschichten in Tiefen bis zu 3.000 Metern mit Abfallstoffen vollgepumpt. Das niederbayerische Wasserwirtschaftsamt kritisierte, daß selbst Trinkwasserreservoirs für Notzeiten als Abwasser-Deponien mißbraucht würden. Auf diese Weise werden pro Jahr drei Millionen Kubikmeter salz-, öl- und arsenhaltige Abwässer in die Tiefe „verpreßt“. Diese Verfahren sollen noch ausgeweitet werden.

Dabei geht alles mit rechten Dingen zu, denn die Verpressung ist von den zuständigen Behörden genehmigt. Und dies, obwohl eine Erlaubnis für das Einleiten von Abwasser nach Paragraph 7a Wasserhaushaltsgesetz nur erteilt werden darf, wenn die Schadstoff-Fracht nach Maßgabe der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ minimiert wird. Laut Abwasserherkunftsverordnung vom 3. Juli 1987 betrifft dies vor allem industrielle „Indirekteinleiter“ ins öffentliche Kanalnetz. Demnächst soll die unüberschaubare Zahl von bundes- und landesrechtlichen Abwasservorschriften in einer „Technischen Anleitung“ namens TA Abwasser zusammengefaßt werden. An einem Tatbestand aber wird diese Neuerung nichts ändern.

„Auch heute herrscht noch das Prinzip der Schwemmkanalisation aus dem 19. Jahrhundert vor“, sagt Volkmar Holzhausen, stellvertretender Leiter des Stadtentwässerungsamtes in Frankfurt. „Mit Hilfe riesiger Mengen besten Trinkwassers werden Haus- und Industrieabfälle aller Art durch ein Kanalsystem ins Klärwerk geschwemmt, wo die Brühe aufwendig gereinigt werden muß.“ Ein absurder Zirkel. Immer teurer und technisch komplizierter wird der Versuch, die aus unzähligen Substanzen zusammengemischte Schmutzfracht in akzeptables Wasser zurückzuverwandeln.

90 Prozent der 8.800 öffentlichen Kläranlagen in der Bundesrepublik arbeiten schon mit zweistufiger mechanisch -biologischer Reinigung. Doch erst nach dem Schock von Algenpest und Robbensterben in der Nordsee forderte der Gesetzgeber eine dritte Klärstufe: die Phosphor- und Nitratelimination. Bis Ende 1991 soll nur noch ein Milligramm pro Liter dieser sauerstofffressenden Nährstoffe die westdeutschen Klärwerke verlassen. Zweifel, ob diese extreme Verschärfung der „Überwachungswerte“ mit geschätzten Nachrüstkosten von 15 Milliarden Mark sinnvoller ist, äußert die „Abwassertechnische Vereinigung“ (ATV), ein aus kommunalen und privatwirtschaftlichen Experten zusammengesetzter „Abwasser-TÜV“: Den auf diese Weise herauszufilternden 700 Tonnen Phosphor stehen insgesamt 25.000 Tonnen Phosphor gegenüber, die durch den Fehlbestand von Kläranlagen und - vor allem - die landwirtschaftliche Düngung und Gülleproduktion Boden, Grundwasser, Flüsse und schließlich Nord- und Ostsee belasten. Ganz zu schweigen von der Frage, ob ein Teil der Milliardeninvestitionen nicht besser in den Bau moderner Kläranlagen in der DDR fließen sollte, wie der Chef der Frankfurter Stadtentwässerung meint. „Auf die Reduzierung der absoluten Schadstofffracht kommt es an, nicht auf einsame Rekordleistungen.“

Während in der Bundesrepublik immer neue Stoffe und Konzentrationswerte in die „Allgemeinen Verwaltungsvorschriften“ aufgenommen werden, fließen die Abwässer von 17 Millionen Italienern, zehn Millionen Stück Mastvieh und 100 Millionen Hühnern mitsamt aller Industrieabfälle ungeklärt in den Po und die Adria. In Mailand und Turin fehlen Kläranlagen ebenso wie in Walesas Gdansk. Auch die Arbeitsessen der 7.000 EG-Beamten in Brüssel finden direkt und ungestört ihren Weg in den Atlantik, während die Umsetzung der EG-Trinkwassrrichtlinie und der Ausbau der biologischen Abwasserreinigung im Europa der Zwölf unnachgiebig kontrolliert wird: Die europäische „Hauptstadt“ Brüssel verfügt bis heute über keine zentrale Kläranlage. Nur etwa die Hälfte aller organischen Abwässer Europas werden überhaupt aufbereitet. Der Rest verseucht vor allem die mediterranen Kulturlandschaften.

Ein Verschiebebahnhof von Schadstoffen

In der Bundesrepublik hat sich die Qualität vieler Oberflächengewässer durch forcierte Abwasserreinigung und verschärfte Anforderungen an industrielle Einleiter verbessert. Der Anteil der Schwermetalle geht zurück. Das führt zuweilen zu paradoxen Resultaten. Weil der Rhein deutlich sauberer geworden ist, nimmt seine mikrobielle Selbstreinigungskraft vor allem bei Niedrigwasser ab - die Mikroorganismen leiden unter organischem Abfallsentzug und beißen sich an den verbliebenen Giftstoffen die Zähne aus.

Zu den größten Problemen zählen die halogenierten Chlorkohlenwasserstoffe (CKW), die bei vielen chemischen Verfahren anfallen. „Sind die erst einmal im Grundwasser, dann kann man sie kaum wieder herausholen“, sagt ATV -Sprecher Kieslinger. Welche Mengen dieser gefährlichen Substanzen etwa durch Lecks in den privatwirtschaftlichen Kanalsystemen ständig frei werden, wisse niemand. „Uns werden in den nächsten Jahren noch die Augen geöffnet werden.“

Im oberitalienischen Bormida-Tal ist es schon soweit. Dort vergiftete ein Chemiewerk über Jahre hinweg Beschäftigte und Umwelt. Eine wissenschaftliche Analyse ergab Dioxin -Konzentrationen im Boden, die den gesetzlichen Grenzwert um das 68.000fache überstiegen.

Die bundesdeutschen Umwelt-Musterschüler regeln seit 1981 die erlaubte Vergiftung mit dem Abwasserabgabengesetz, das pro „Schadeinheit“ einen Obolus erhebt. Beim gegenwärtigen Preis-Leistungsverhältnis muß jeder, der mehr als ein Kilogramm „Schadstofffracht“ im Jahr in den nächstgelegenen Fluß abläßt und dabei trotz Verdünnung die Giftkonzentration von 50 bis 100 Mikrogramm je Liter nicht unterbietet, für 100 Gramm Cadmium, Chrom oder Blei vierzig Deutsche Mark entrichten. Die so jährlich zusammenkommenden 500 Millionen Mark für den Gewässerschutz entsprechen aber nur einem Bruchteil der tatsächlichen Kosten der Umweltvergiftung.

Aber auch stolz präsentierte 99prozentige Klär- und Filtriererfolge können, so rechnet Abwasserfachmann Holzhausen mit dem Bleistift vor, „reine Augenwischerei“ sein. Auch der einprozentige „Rest“ kann riesig sein, akkumuliert sich und ruft synergetische Wirkungen hervor, die ständig weitere Öko-Systeme zerstören. Zugleich sind selbst die avanciertesten Umwelttechnologien Teil eines gigantischen Verschiebebahnhofs von Schadstoffen, die alle „entsorgt“ werden und doch in der Biosphäre bleiben.

50 Millionen Kubikmeter Klärschlamm fallen pro Jahr in der Bundesrepublik an, meist mit giftigen Schwermetallen versetzt. Fast 60 Prozent werden „deponiert“, neun Prozent verbrannt und ein knappes Drittel landet als Düngemittel auf den Äckern. Erst jetzt, nach der Debatte über Cadmium -verseuchten Klärschlamm auf deutschen Gemüsefeldern, haben einzelne Unternehmen, unter ihnen der Panzerhersteller Krauss-Maffai, Verfahren entwickelt, um den ständig wachsenden Schlammberg von Schwermetallen und anderen Schadstoffen zu befreien. Das Derivat könnte dann wieder der Landwirtschaft angeboten werden.

Noch aber ist der fatale Entsorgungskreislauf vom geklärten Abwasser zum Sickerwasser der Deponie, von der Müllverbrennung bis zu den dioxinhaltigen Filterstäuben nicht durchbrochen.

Noch kann auch die BASF in Ludwigshafen jedes Jahr 20 Millionen Kubikmeter reinsten Grundwassers aus 400 Metern Tiefe ohne einen Pfennig Gebühr in seine Produktionsanlagen pumpen - das ist mehr als die 170.000 Einwohner Ludwigshafens verbrauchen - und anschließend als verschmutztes Brauchwasser in den Rhein leiten, während das Wasserwerk Mannheim-Rheinau CKW-verseuchtes Grundwasser mühsam und teuer mit Hilfe von Aktivkohle filtrieren muß, bevor es in die Trinkwasserversorgung eingespeist wird.

Noch fordert die Umweltschutzorganisation „Greenpeace“ vergeblich „Wassertausch“: Brauchwasser für die Industrie, Grundwasser für die Bevölkerung und flächendeckenden Schutz der lebenswichtigen Trinkwasserreservoirs in jener Tiefe, wo das Wasser 60.000 Jahre alt ist. Noch redet der Leiter der Abteilung Emissionsüberwachung und Ökologie der BASF, Dr. Peter Tonne, von „mindergiftigen Stoffen“, wenn die unternehmenseigene Kläranlage wieder einmal eine „Abwasserstörung“, einen unkontrollierten Ablauf in den Rhein, zu vermelden hat.

Und trotz der 700 Millionen Mark, die der mächtigste deutsche Chemiekonzern, das fünftgrößte Unternehmen der Bundesrepublik (44 Milliarden DM Jahresumsatz) bis 1997 für die Kühl- und Abwasserreinigung ausgeben will, ist BASF als größter Pflanzenschutzmittel-Produzent neben Hoechst und Bayer für die Grundwasserverseuchungen durch Pestizide mitverantwortlich.

Pestizide außer Kontrolle

Als vor Jahren die seit dem 1.Oktober 1989 geltende „EG -Trinkwasserrichtlinie“ mit einem Grenzwert für Pestizide von 0,1, in der Summe maximal 0,5 Mikrogramm (Millionstel Gramm) pro Liter festgesetzt wurde, glaubten die Brüsseler Beamten noch den Beteuerungen der Pestizid-Hersteller, daß sich Pflanzenschutzmittel weitestgehend abbauen, bevor sie ins Trinkwasser gelangen. Das „hat sich als Irrtum erwiesen“, so Dr. Jörg Martin, Mitarbeiter des Max-Planck -Instituts für ausländisches und internationales Recht.

Auch der Sprecher des Bundesverbandes der deutschen Gas und Wasserwirtschaft, Wieland Kramer, sieht die Gefährlichkeit der Pestizide. Angesichts der Grenzwertüberschreitungen bei mindestens zehn Prozent der bundesdeutschen Wasserwerke kritisierte er öffentlich die Untätigkeit der Politiker. Rasche Sanierungsmaßnahmen und Anstrengungen zur Verringerung des Pestizid-Einsatzes seien bisher unterblieben.

Statt dessen erteilt das Bundesgesundheitsministerium Ausnahmegenehmigungen mit der Auflage, technische Vorkehrungen gegen das Gift im Wasser zu treffen. Zum Verbot der Pestizide, die mit etwa 300 verschiedenen Wirkstoffen in 1.600 Präparaten an die Landwirtschaft verkauft werden, kann sich die Bundesregierung schon gar nicht aufraffen, obwohl die Wasserwerke dringend dazu raten.

Bei besonders mobilen und hochtoxischen Stoffen sind weder die Abbauprozesse noch die Wirkungspfade in der Nahrungskette erforscht. Zudem stehen nur für einen kleinen Teil der gesundheitsgefährdenden Pflanzenschutzmittel geeignete Filtertechniken zur Verfügung. Dabei wird die Pestizid-Konzentration im Grundwasser in den nächsten Jahren noch zunehmen. Denn die „Halbwertszeit“ vieler Wirkstoffe beträgt - wie bei dem besonders gefährlichen Herbizid Atrazin - drei Jahre und mehr.

Die Pestizid-Lobby „Industrieverband Agrar e.V.“ kann die ganze Aufregung überhaupt nicht verstehen. Zweiunddreißigtausend Tonnen Pflanzenschutzmittel Gesamtumsatz in der Bundesrepublik sind jedes Jahr ein neues Argument gegen Verbote. Daß 90 Prozent der Pestizide bei „großflächiger Ausbringung“, etwa per Hubschrauber, in der Luft verdunsten und im Regen wiederkehren, wie Engelbert Schramm vom „Institut für sozialökologische Forschung“ in Frankfurt erklärt, ist für den Interessenverband der Pflanzenschutzmittelhersteller ebensowenig ein Argument wie der Tod von 13.000 Menschen in Brasilien, die nach Schätzung von Experten jedes Jahr an den Folgen der Agrargifte sterben. Für unsachgemäße Anwendung ist man nicht verantwortlich. Basta!

Daß die Chemieindustrie zugleich immer kompliziertere und raffiniertere Wirkstoffkombinationen entwickelt, deren Zusammensetzung und „Wirkungsgeschichte“ noch schwieriger zu analysieren ist, kommt hinzu. Doch das ist nicht das Problem der Chemie-Branche, sondern der Wasserwerke, Wissenschaftler und Umweltschützer, die wie der Hase hinter dem Igel den Einzelsubstanzen im großen Chemikalien-Cocktail hinterherhecheln. Meist vergeblich.