Speere ohne Spitze

■ „The Lance“ aus Bremen spielten kommerzielles Rockgut im Römer

Eines kann dem Sextett The Lance wahrlich nicht vorgeworfen werden: Sie hätten sich auf ihren Auftritt im Römer schlecht vorbereitet. Das Ankündigungsplakat war ihnen sehr ansprechend geraten, im Aufführungsort blitzten selbst die Spiegel, und draußen vor der Tür zeichnete ein Aufnahmewagen von Radio Bremen das Ereignis auf. Für eine eher unbekannte Gruppe, noch dazu aus Bremen, war dieser Rahmen beachtlich. Den Umständen entsprechend begrüßte Sängerin Angela Lenz das Publikum mit einem überschwenglichen „schön, wieder in Bremen zu sein“.

Die fünf jungen Herren mit der Sangesdame wollen mit ihrer Musik auf jeden Fall Geld verdienen, das wurde schon nach kurzer Zeit deutlich. Die Texte waren durchweg englisch und der voluminöse Gitarren-Rock nur leicht ange

rauht, damit sich die Ohren der ZuhörerInnen nicht über Gebühr erschreckten. Vom Konzept und den Arrangements her präsentierte sich die Band einem großen Publikum verpflichtet. Dramatische Synthesizer-Klänge hallten durch den schmalen Schlauch des Römers, die von einer verzerrten Gitarre effekthaschend zersägt wurden.

Nach solchen Intros war's mit dem Bombast-Gehabe allerdings wieder vorbei. Die Gehörgänge schonend begab sich The Lance auf vertraute, von Frau Lenz dominierte Pfade. Mal emphatisch die Hand in die Höhe streckend oder sich entrückt über den Hals und das Dekollete streichend, durfte sie ganz auf ihr stimmliches Vermögen vertrauen, denn singen kann sie.

Für eine Formation, die in ihrer Heimatstadt eigentlich noch

gar nicht richtig bekannt ist, verfügen die sechs Lanzen über ein umfangreiches Repertoire.

Insgesamt 21 Titel muteten sie dem gut gefüllten Saal zu. Dabei hielten sie sich jedoch zu eng an ihren stilistischen Rahmen. Unweigerlich machte sich der Eindruck einer sorgsam gestrickten Endlosmasche breit, der es an originellen musikalischen „Webfehlern“ mangelte. Da half auch kein „Big Mama“, das große Unterhaltungskunst präsentieren sollte.

The Lance wird, bei angemessener Bertreuung und einer flexibleren Konzeption, mit Sicherheit noch von sich hören lassen. Ob sie ihren Erfolg nun gerade in Bremen finden werden, ist dagegen fraglich. Auf der anderen Seite: Im Mekka der Newcomer, Berlin, wären sie nur eine Band unter vielen. Jürgen Franck