Seesing über die Sixdays: „Einen Imageverlust hat es hier nicht gegeben“

Ein Gespräch mit Stadthallen-Geschäftsführer Heinz Seesing zur Bilanz des Sechs-Tage-Rennens  ■ 

Heinz Seesing

taz: Das Sechs-Tage-Rennen 1990 hat unter Imageverlust gelitten. Das Mißtrauen in die Verkaufszahlen, die verpatzte Eröffnung, die Fahrerkritik und der Wunsch des Publikums nach einem anderen Unterhaltungsprogramm (Klaus & Klaus) das alles sind Indizien. Trägt an diesem Imageverlust das Rennen oder das Publikum die Verantwortung?

Seesing: Einen Imageverlust hat es hier nicht gegeben. Was es gegeben hat, ist ein Stimmungsabfall in der Halle I. Früher war es unüblich, daß wir dort Show-Blocks untergebracht haben. In den letzten fünf Jahren haben wir aber mit Klaus & Klaus eine Gruppe gehabt, der es gelungen ist, Stimmungsbilder außerordentlich nach oben zu puschen. Nur nach fünf Jahren war es an der Zeit umzudenken und nach neuen Wegen zu suchen. Der zweiten Bereich ist der sportliche. Wir hatten im vergangenen Jahr noch Top-Namen, Fahrer, die als ausgesprochenene Publikumslieblinge galten, und hier gibt es ein Generationsproblem. Andere Sechs-Tage -Veranstalter wie Berlin haben dieselben Probleme.

Sind denn die Sechs-Tage-Rennen nicht eigentlich eine Veranstaltung der 60er Jahre?

Das kann man so pauschal nicht sagen. Als sich in Bremen das Rennen Jahr für Jahr steigerte, gingen woanders, in Berlin und Dortmund zum Beispiel, die Zuschauerzahlen, die Atmosphäre in den Keller. Dortmund mußte mit erheblichen Zuschüssen subventioniert werden. Wir hatten dieses Jahr ja auch nur 2.500 Zuschauer weniger als im vergangenen. Das bezieht sich auf die Abendveranstaltungen. Dort hatten wir 1989 97.600 und dieses Jahr etwa 95.ooo.

Verkaufte Tickets?

Nein. Inclusive Ehrenkarten, inclusive Aktionskarten. Und die sind eigentlich auch als verkaufte Tickets zu werten. Ich seh überhaupt keinen Grund zur Aufregung, im Gegenteil. Am Montag hatten wir absoluten Besucherrekord.

Und die Stimmung? Die war deutlich schlechter ...

Ich habe den Eindruck, daß die Stimmung in Halle IV wesentlich besser war als letztes Mal.

In Berlin gibt es, nachdem die Besucherzahlen im letzten Jahr über die gesamte Dauer so hoch waren wie in Bremen an einem Abend, jetzt ein neues Konzept. Ein multikulturelles Unterhaltungsprogramm. Da tritt neben Nina Hagen das Synphonieorchester auf, auf den Stunt folgt Jacques Offenbach. Keine Miß-Kurven-Wahl mehr, kein Klaus & Klaus, keine Oben-Ohne-Band. Könnte das Konzept für Bremen sein?

Wir werden kein solches Kulturprogramm machen wie in Berlin. Das überzeugt mich nicht. Wir müssen uns auf das Anspruchsdenken der Besucher noch mehr einstellen. Wir wollen weg von Steh- und Sitzplatzkarten.

Hat die Mäkelei am Sechs-Tage-Rennen System? Wer will dem Heinz Seesing am Zeug flicken?

Ich habe darüber gar nicht nachgedacht. Ich bin als Geschäftsführer für diese Veranstaltung verantwortlich, von daher orientiert sich die Kritik erst mal an der Führungsfigur. Ich habe keine Veranlassung, das Programm zu kritisieren, das ist einfach gut. Und ansonsten: Ich bin der Meinung, daß es eine einmalige Sache ist, die große Zeitung am Ort zu so einem Engagement zu bewegen. Das wird natürlich vom Weser-Report mit Argusaugen beobacht.

Sie haben mit der Ankündigung, daß das Sechs-Tage-Rennen 1991 nicht stattfindet wegen der falschen Terminierung des Baus des Kongresszentrums, die Machtfrage gestellt. Hat der Senat darauf reagiert?

Ich muß das korrigieren. Es gibt keine falsche Terminierung, es gibt eine Terminierung. Aufgrund meiner Erfahrungen und der Sechs-Tage-Planung bin ich zu der Erkenntnis gekommen, daß ich sehr kritisch zu der Bauausführung stehe. Konkret: Es soll im Juli abgerissen werden die Halle II und III, dann soll eine neue Halle bis zum 15.12. hergerichtet werden und hier habe ich erhebliche Bedenken.

Wie sind denn ihre Forderungen?

Man muß mit äußerster Kreativität, mit äußerster Gewissenhaftigkeit an die Umbaumaßnahmenn herangehen, damit die Veranstaltungen ab 1.1.1991 ungestört stattfinden können. Ich weiß, daß ich mit meiner Ankündigung einen Sturm im Wasserglas entfacht habe. Ich wünsche mir jetzt Sachargumente, keine emotionalen Reaktionen, so daß wir die räumlichen Voraussetzungen bis zum Januar haben. Und wenn nicht, dann werde ich in meiner Doppelfunktion als VDR (Verband Deutscher Rennsportveranstalter)-Präsident der Stadthalle Bremen die Lizenz für das Bremer Sechs-Tage -Rennen entziehen. Interview: Andreas Hoetze