Der Ruf ist ruiniert: Bremer DFU will sich auflösen

■ Vorstand dafür, Mitglieder stimmen am 17. Januar ab / Image durch jahrelange DDR-Finanzierung ramponiert / Basis ahnungslos?

Nach der faktischen Auflösung der DKP will sich jetzt - nach fast 30-jährigem Bestehen - auch die Deutsche Friedensunion (DFU) Bremens auflösen. Eine entsprechende Beschlußempfehlung hat der DFU-Vorstand am letzten Montag vorgelegt. Am 17. Januar soll eine Landesmitgliederversammlung über die sofortige Auflösung des Landesverbandes Bremen und den damit verbundenen Austritt aus dem Bundesverband abstimmen.

Ekkehard Lentz, Bremer Sprecher der DFU, geht fest davon aus, daß der Antrag verabschiedet wird. Lentz: „Ich persönlich halte auch nichts davon, einen Laden aufrecht zu erhalten, der nicht aufrecht zu erhalten ist.“ Als Argument für die Auflösung führt Lentz an, daß der kalte Krieg vorbei ist: „Trabbis kommen über die

Grenze und keine Panzer. Ein weiteres Problem ist, daß die DFU in der Öffentlichkeit diskreditiert ist. Man hat Fehler gemacht, die so gravierend sind, daß man damit identifiziert wird.“

„Hauptfehler, mit dem die DFU in der Öffentlichkeit identifiziert“ wird, ist ihre jahrelange Finanzierung durch die DDR. Daß der Geldhahn DDR durch die jüngsten Entwicklungen nun zugedreht wurde, hat die Zukunft der DFU in den bisherigen Strukturen unmöglich gemacht. Das Landesbüro mußte geschlossen werden. Außerdem mußten die hauptamtlichen Mitarbeiter, darunter auch Lentz, entlassen werden. Lentz, der noch ehrenamtlich als Pressesprecher weiterarbeitet, erklärte zum Thema Fremdfinanzierung durch die

DDR: „Viele Leute haben sich gar nicht um diese Problematik gekümmert und dementsprechend wurde dieses Thema fast gar nicht diskutiert.“

Das angebliche Desinteresse an den eigenen Finanzquellen schlug im Dezember in angebliche Betroffenheit um. In einem Mitgliederrundschreiben vom 4.12 stand: „Nun ist es an den Tag gekommen, daß die DFU zu rund 80% von Geldern aus der DDR abhängig war. Das haben uns unsere politischen Gegner immer vorgehalten, wir sind dieser angeblichen Verleumdung immer entgegengetreten. Unsere Glaubwürdigkeit ist tief erschüttert. Der Vorwurf besteht, wir seien in vergangenen Jahren nichts andreres als die bezahlten Vorposten der SED gewesen. Unsere offensichtliche Gutgläubigkeit, die uns nie hat nachfragen lassen, wie die finanzielle Basis der DFU aussieht, rächt sich bitter.“

Bitter ist tatsächlich die wohl vorgeschobene Naivität. Ekkehard Lentz zur Ahnunglosgikeit der DFU-Basis über die eigenen Finanzen:„Jeder konnte sich ja ausrechnen, daß man von den eigenen bescheidenen Mitteln so eine Organisation nicht finanzieren kann.“ Er selbst hatte, wenn

er von Basismitgliedern auf die Finananzierung angesprochen wurde, geantwortet, es gebe Spender, die nicht genannt werden wollten, und es gebe Spenden von Firmen, die im Ost -West-Handel tätig wären. Warum solche Firmen der DFU Geld gaben,

konnte oder wollte er nicht sagen.

Ekkehard Lentz übt noch in vielen anderen Punkten Selbstkritik:“ Wir haben uns zu wenig Gedanken gemacht über die Menschenrechte im Osten. Dissidenten waren uns suspekt. Ein Fehler war es auch, daß wir keinen Kon

takt zu den unabhängigen Friedensbewegungen in der DDR hatten. Ich bin der Ansicht, man muß sich erstmal Gedanken über die Fehler der Vergangenheit machen, bevor man wieder in dieser Richtung aktiv wird.“

David Safier