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Wenig Power für 35-Stunden

■ Bei Daimler vor dem Werkstor: Arbeiter wollen lieber Geld und freies Wochenende

Schichtwechsel: aimler-Metaller verlassen den guten Stern Foto: Oberheide

In Hamburg hat gestern die erste Verhandlungsrunde im Poker um mehr Geld und weniger Arbeit in der Metall-Industrie begonnen. Die heißte Tarifauseinandersetzung in der Geschichte der Bundesrepublik Metallindustrie hat IG-Metall -Chef Franz Steinkühler bereits prognostiziert. Jedenfalls wenn die Arbeitgeber nicht auf die Forderung der Metaller eingehen, die 35-Stunden-Woche einzuführen. 50.000 Beschäftigte sind in Bremen von den Tarifauseinandersetzungen betroffen. 15.000 von ihnen arbeiten beim guten Stern in Hemelingen. Die Kollegen dort im größten Bremer Metallbetrieb, bei Daimler, läßt die bevorstehende Auseinandersetzung aber noch relativ kalt. Besonders die 35-Stundenwoche stößt, wenn nicht auf Ablehnung, dann doch auf ziemliches Desinteresse. „Man sollte auch in der Arbeitszeit ein bißchen noch runter gehen,“ das war gestern nach Schichtende vor dem Werkstor noch eine der kämpferischsten Haltungen.

Unter den rund 20 Kollegen, die nicht gleich vor dem Reporter wegliefen (Meistgehörte Begründung: „Ich hab‘ Feierabend“), war lediglich einer, der die Arbeitszeitverkürzungen für den wichtigsten Punkt der IG -Metall-Forderungen hielt. Alle anderen waren sich einige. Motto: „Wir wollen diesmal richtig cash, um die 10 Prozent sollten es schon werden.“ Eine Erwartung, mit der der Daimler-Arbeiter noch um 1,5 über den IG-Metall-Forderungen liegt.

Doch ganz allein das Geld ist es auch nicht. Die Arbeiter wollen in Zukunft von der leidigen Samstagsarbeit verschont bleiben. Zwar gibt es auch bislang Samstagsarbeit nur in Ausnahmefällen, doch angesichts der gutenm Konjunktur geht immer mal wieder ein Samstag für eine Extraschicht drauf, so auch am kommenden Wochenende. Ein Daimler-Arbeiter: „Was ich im Betrieb immer so höre ist hauptsächlich freies Wochenende und mehr Geld. Die 35-Stunden-Woche ist nicht so wichtig.“

An Streiks allein für die 35-Stunden glauben die Metaller vom guten Stern nicht. „Für die 35-Stunden-Woche streiken die Kollegen nicht“, sagt einer. Ein anderer sieht es ein bißchen differenzierter: „Wenn hier von der Gewerkschaft gestreikt wird, würden die Kollegen wohl streiken, aber wenn wir wieder ausgesperrt werden, dann sind wir die Dummen. Da wollen wir dann lieber mehr Geld haben und auf die 35 verzichten.“

hbk

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