Auf dem Weg zur Chancengleichheit

■ Wie sieht die Frauenforschung an den Hochschulen unter dem nicht mehr ganz so neuen Senat aus? / „Loch im obersten Bereich stopfen“ / Fünf Millionen Mark im Haushalt 90 für Frauenförderung / Die Einrichtung von Frauenbeauftragten steht erst am Anfang

„Frauen tragen die Hälfte des Himmels“ - so heißt es in einem chinesischen Sprichwort. Im Wissenschafts- und Forschungsbetrieb sucht man diese Hälfte heute noch vergeblich. Zwar ist die Zahl der Studentinnen hoch wie nie, und auch bei den Promotionen haben sich die Frauen einen beachtlichen Anteil erarbeitet. Unter den Habilitierten jedoch finden sie sich selten, in manchen Bereichen gar nicht.

So gibt es statistisch ausgedrückt an der Freien Universität beispielsweise nur 2,7 Prozent C-4-Professuren für Frauen, an der Technischen Universität sind es ganze 1,2 Prozent. In den nächsten Jahren, insbesondere ab Mitte der neunziger Jahre, werden vermehrt ProfessorInnenstellen frei. Diese können aber nur dann von Frauen besetzt werden, wenn sie die dafür nötigen formalen Qualifikationen, sprich: Habilitation, erworben haben.

Mit dem Ziel, mehr Frauen die Chance zur Promotion und Habilitation zu eröffnen, ist der Senat mit seinem Programm zur „Frauenförderung an den Berliner Hochschulen“ angetreten. Dafür sind im Haushaltsplanentwurf 1990 runde fünf Millionen Mark vorgesehen, von denen die FU 2,6 Millionen, die TU 1,5 Millionen und die HdK 0,5 Millionen Mark erhalten sollen; der Rest verteilt sich auf die Fachhochschulen.

Mit diesen Geldern sollen, so will es die Wissenschaftssenatorin, Stellen für wissenschaftliche Assistentinnen (C1) und Stellen für Oberassistentinnen (C2) geschaffen werden. In C-1-Positionen haben promovierte Wissenschaftlerinnen die Möglichkeit zu habilitieren. Eine C -2-Stelle bedeutet für die bereits habilitierte Wissenschaftlerin die Chance, ihre Arbeit, Lehre und Forschung fortzusetzen, um so auch die Berufsperspektive zu verbessern. An der HdK und den Fachhochschulen, an denen sie sich nicht habilitieren kann, sollen die Gelder für zusätzliche Professorinnenstellen verwendet werden.

Das Programm setzt also vor und während der Habilitation an. Denn, so die Sprecherin der Wissenschaftssenatorin, vordringlichstes Ziel sei es, das Loch im obersten Bereich zu stopfen. Zwar sei auch, wie es in der schriftlichen Vorlage heißt, den Anteil der promovierenden Frauen zu stärken, doch ist ihre Zahl bedeutend höher als die der Habilitierenden. Außerdem haben sie die Möglichkeit, nach dem Nachwuchsförderungsgesetz des Landes (kurz: Nafög) gefördert zu werden. Dessen Etat wird im neuen Haushaltsjahr um eine Million auf 4,5 Millionen Mark aufgestockt.

Aus diesem Topf erhalten Frauen und Männer Stipendien für die Promotion; der Anteil der geförderten Frauen ist bereits jetzt erfreulich hoch. Die Novellierung des Gesetzes soll frauenfreundlicher ausfallen, beispielsweise dem Mutterschutz gerecht werden oder eine verlängerte Bewerbungsfrist nach dem Examen für Mütter berücksichtigen.

Zusammen mit der in Paragraph 59 des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) festgelegten Forderung, Frauenbeauftragte an den Berliner Hochschulen einzustellen, soll das Paket die Chancengleichheit von Frauen - zunächst formal - ein großes Stück voranbringen. Hauptaufgabe der auf fünf Jahre gewählten Frauenbeauftragten soll unter anderem sein, die Aufstellung von Frauenförderplänen an den einzelnen Fachbereichen zu unterstützen und zu koordinieren. Bei der Umsetzung dieser Pläne in die Praxis steht man noch am Anfang. Denn bisher wurden weder Frauenbeauftragte an den einzelnen Hochschulen gewählt, noch sind die inhaltlichen Kriterien der Frauenförderung definiert.

An der TU hat sich ein achtköpfiger Beirat konstituiert, der die Arbeit der Frauenbeauftragten inhaltlich klarer fassen und die Ausschreibung der Stelle vornehmen will. Zusammen mit der Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs will man den einzelnen Fachbereichen Entscheidungskriterien an die Hand geben, nach denen die Stellen gefunden werden können.

An der FU ist eine neunköpfige Kommission gerade dabei, aufgrund statistischen Materials herauszufinden, in welchen Bereichen zu wenige Professorenstellen für Frauen vorhanden sind und wo Frauenforschung der Institutionalisierung bedarf. Die Wahl der Frauenbeauftragten an der FU wird vermutlich noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. Bereits mehrere Fachbereiche haben die ihrer Meinung nach „lächerlichen“ Kompetenzen der Frauenbeauftragten kritisiert und Einspruch angemeldet.

Karin Lenhart