KRACH ZU KLUMP

■ Der unhörbare Lärm - eine Bastelanleitung für gute Arbeitnehmer, stille Sprenger und renitente Sampler

„Eins der Probleme, mit denen wir uns heutzutage konfrontiert sehen, ist Lärm. Wer werden den Menschen vor einer Lärm-Pollution schützen müssen.„Dr. Bill Wokoun (Director of Human Engineering

Lärm, Lärm, LÄRM - macht krank, weiß schon der Volksmund. Jeden Samstag liegen sie auf der Lauer, die Bewohner der Hinterhofwohnungen in Neukölln oder die des 13. Stocks in einem einsturzgefährdeten Block im Märkischen Viertel, liegen auf der Lauer & lauschen dem mächtigen Basswummern aus der Wohnung drunter, beschweren sich über den Lärm, der an Sommerabenden aus geöffneten Fenstern dringt: „Könn‘ die nich ma leise bumsen!“ Anhänger kontemplativer Musik werden nicht müde, die Experimente heranzuziehen, bei denen Pflanzen Rockmusik & Bachkantaten vorgespielt wurden & die so beschallten Pflanzen bei Bach regeren Wuchs zeigten, während sie bei Rock eingingen. Die Kompositionen von John Cage & Morton Feldman gelten bei vielen als Krach, & „Speed metal“ ist wohl weit jenseits von Gut & Böse. Sagt der Informationstheoretiker Shannon: „Ist eine Struktur zu reich an Informationen (ist die Ordnung also zu komplex), wird sie von vielen als chaotisch empfunden.“ Lärm zunächst mal als ungewohnte Hörerfahrung beiseite lassend, nun die Einführung des Begriffs akustische Pest.

FUMU/Muzak

Es scheint eine Beziehung zu geben zwischen bestimmten Harmonien, Rhythmen, Frequenzen & psychologischen Auswirkungen. Jeder hat schon mal davon gehört, daß sich Schamanen mittels Trommeln in Trance versetzen, daß Hexen bei Ritualen „Krach“ machen, um böse Geister zu vertreiben & daß sich „kleine Mädchen bei Rockkonzerten in die Hose machen“. 1956 entwickelte Dan O'Neill auf der Grundlage langjähriger Forschungen die Muzak Programming & Stimulus Charts. Das waren Diagramme mit stimulierenden Klangmustern, die den Hörer aus seiner Lethargie reißen sollten, eigens produziert für jene Zeit, in der Arbeiter ihr biorhythmisches Tief erreichten. „Muzak ist mehr als Musik. Denn Musik ist Kunst, & die Wirkung von Kunst ist zufällig & unberechenbar ... die Muzak aber ist programmiert, um Resultate zu erzielen, & damit wird sie einzigartig.“ (Chef der deutschen „Muzak Corporation“)

Muzak operiert in der Lautstärke an der Hörschwelle, soll nicht gehört, sondern wahrgenommen werden. Es gibt Programme für Schwerindustrie, leichte Industrie & Großraumbüros. Der Sound kommt über Telefonleitung, & man hört das gleiche Programm in Essen, Köln, Mönchengladbach, Düsseldorf usw. Diese Form von akustischer Pest wird am Arbeitsplatz jeweils im Rhythmus von 15 Minuten - mit dazwischenliegender Pause von 15 Minuten - gespielt, da sie nicht mehr als die Hälfte der Zeitspanne abgespielt werden sollte, während der sich ein Arbeiter an seinem Werkplatz aufhält. Muzak regt den Stoffwechsel an, beschleunigt die Atmung, man arbeitet schneller.

„Nehmen wir an, du beginnst um 8 Uhr zu arbeiten. So gegen 11 Uhr machen sie die Muzak etwas anregender, weil du an deine Frühstückspause denkst. Danach geht's dann etwas ruhiger zu - bis etwa 15 Uhr -, da du dann bereits an Arbeitsschluß denkst. Das Band läuft den ganzen Tag.“ (Klaus Maeck)

Muzak hat nichts zu tun mit der Musikberieselung, die man in Kaufhäusern usw. hört. Muzak ist leise, angenehm, arbeitet mit bekannten Melodien & Harmonien, ohne Stimmen. Versuche in Krankenhäusern ergaben, daß Herzpatienten besser auf melodische Musik ansprechen, Patienten mit Magengeschwüren eher auf rhythmische Musik. Ihr wollt es? „Muzak Corporation“ liefert es. „Kürzlich haben wir einen Schlachthof besichtigt. Anscheinend gab es da Probleme it der Blutgerinnung beim Schlachtvieh. Wie es heißt, fließt das Blut jetzt ohne Zwischenfälle. Das abgespielte Muzak -Programm entspannt die Tiere, während sie zur Schlachtbank geführt werden...“ (Muzak Corp.)

Dr. Phil Wokoun & seine Kollegen von der Front des Human Engineering wissen um die notwendige Aufgabe, den „arbeitenden Menschen vor störender Belästigung zu schützen“, vor dem Geräuschpegel aus „Stuhlgerücke, Gesprächsfetzen, Räuspern & Husten, dem Summen der Büromaschinen & dem Geklapper hoher Absätze auf dem Kunststoffbelag des Fußbodens.“ Muzak will Streß verhehlen, dem Arbeitgeber optimale Gewinnmaximierung bei biorhythmischer Ordnung des Arbeitnehmers garantieren.

Und: Muzak Corp. hat auch für den Ernstfall vorgesorgt: „Selbst bei Ausbruch eines Atomkriegs verfügt die Muzak Corp. über eigene Stromgeneratoren, um einen Ausfall des Basic-Programms auszuschließen & zu gewährleisten, daß die noch funktionierenden Einrichtungen weiterhin unser Programm empfangen.“

Infraschall

Der Hörbereich des Menschen liegt zwischen 16 & 20.000 Hz, wobei mensch jene Schallwellen hört, die zwischen 16- & 20.000mal pro Sekunde vibrieren. Im unteren Bereich der langsamen Schwingungen ist der Infraschall angesiedelt. Den nimmt man hauptsächlich mit dem Körper wahr.

Vladimir Gavreau entdeckte Ende der sechziger Jahre das Phönomen so: Er & seine Mitarbeiter in einem alektro -akustischen Labor zogen in ein neues Gebäude um. Bald darauf klagte die Belegschaft über Kopfschmerzen & Schwindelgefühle. Schließlich entdeckte man die Quelle: Der riesige Ventilator einer benachbarten Fabrik erzeugte Infraschall. Die nicht mehr hörbaren Schwingungen gehen nicht, wie die schnelleren, hörbaren, durch massive Körper hindurch, sondern treffen die Eigenfrequenz des Materials genau & initiieren dort ein Pendeln: Die Organe beginnen mitzuschwingen.

Gavreau entwickelte dann verschiedene Apparate, von 190 Hz über 37 Hz bis zu 3,5 Hz mit jeweils unterschiedlicher akustischer Stärke. Die erste „Pfeife“ brachte bei 100 Watt Magen, Herz & Lungen sämtlicher Mitarbeiter in näherer & weiterer Entfernung zum Vibrieren. Allen war stundenlang schlecht. Das zweite Gerät mit 37 Hz brachte, bei sehr viel geringerer Lautstärke, dem Gebäude Risse bei. Das Team entdeckte schließlich, daß eine Frequenz von 7 Hz für den Menschen am gefährlichsten ist: Die Organe reiben aneinander & können zerreißen.

Gavreau sollte dann für das Militär eine Waffe entwickeln. Nach dem Prinzip der Polizeipfeife konstruiert, sollte sie mit einem Durchmesser von fünf Metern auf einen Lastwagen montiert & von einem kleinen Flugzeugmotor betrieben werden. Diese Waffe sollte 10.000 akustische Watt produzieren & auf eine Entfernung von acht Kilometern jeden Menschen töten. Problem: Da sich der Schall in alle Richtungen ausbreitet, wäre auch die eigene Mannschaft betroffen gewesen. Und so ging die Forschung an einer weiteren phänomenalen menschlichen Erfindung nicht weiter.

Bis heute: Denn nun experimentiert Mark Pauline von den inzwischen aufgelösten Survival Research Laboratories an der Entwicklung von Infraschall-Geräten. Dort sind die Pläne in guter Hand: Schließlich benutzten SRL bei ihren „performances“ schon eine „shock-wave-canon“. Die konzentrierte eine in ihrem Innern stattfindende Explosion & schickte sie komprimiert durch Röhren in die Umwelt. Man hörte einen Knall & dann spürte man, wenn die Röhren auf einen gerichtet waren, einen heftigen Schlag zusammengepreßter Luft. Kollegen von mir riß es von den Füßen.

Für die Bastler unter den Lesern hier eine kleine Bauanleitung: Nimm ein starkes Gebläse & setze eine rotierende Scheibe davor, die am Rand ein kleines Loch aufweist. Setze einen Resonanzkörper davor, & mit diesem primitiven Gerät, sofern du alles richtig berechnet hast, kannst du die Eigengeschwindigkeit von Gebäudesubstanz erreichen & produzieren. Unhörbar, bis alles zusammenkracht.

Das gleiche Phänomen tritt auch bei bestimmten schweren Maschinen auf, die diese Schwingungen unbeirrt weiter aussenden, bis mal etwas kaputt geht. Eindrucksvolles Beispiel: eine Brücke in San Francisco, die an Stahlseilen aufgehängt war. Es kam Wind auf, der die Brücke wie eine gigantische Harfe zum Schwingen brachte. Schließlich wurde die exakte Frequenz getroffen, & die Betongerade verwandelt sich in eine relative Sinuskurve. Das Spektakel dauerte eine halbe Stunde, dann war das Bauwerk Klump.

Auf den Menschen wirken Wellen im Ein- bis Drei-Hertz -Bereich auch so: Sie „verursachen eine zum Teil deutliche Störung der motorischen Koordination. Die visuelle Informationsaufnahme kann über eine Verminderung der Sehschärfe infolge eines Mitschwingens des Augapfels erheblich beeinträchtigt werden“. (Kühn & Schirmeister: Lehrbruch der Inneren Medizin), & bei der Einwirkung solcher Frequenzen auf den sitzenden Menschen „lassen sich nach längerer Exposition bei einem hohen Prozentsatz Magenerkrankungen, zum Beispiel bei Traktor-, Schlepper oder LKW-Fahrern nachweisen. Röntgenologisch kann bei solchen Ganzkörpervibrationen ein Mitschwingen des Mageninhalts objektiviert werden. Darüber hinaus findet man bei einem so exponierten Personenkreis wesentlich häufiger pathologische Veränderungen der Wirbelsäule.“ (Gleiche Quelle) Es schwingt der Motorblock im Einklang mit dem body: Mechanic Body Music. & auch Anhänger der Splatter -Bewegung leiden unter Defekten, sollten sie ihrem Hobby allzu häufig frönen. Bei Kettensägen kann es durch „Resonanzerscheinungen bei Frequenzen zwischen zehn & 20 Hertz im Hand- & Ellebogengelenk zu Schwingungsüberhöhungen kommen.“ (s.o.) Auf die Dauer wird die Durchblutung gestört & der Knochen zerbröselt.

Counter-Sound

„Ich nehme an, die explosive Macht der Schwingungen, wie sie der menschlichen Sprache eigen sind, könnte klugerweise so angewendet werden, daß sie ihm jeglichen Ärger erspart & er sich weder Tadel noch Narben einhandelt. Jedes Wort, das mit einer fest umrissenen Vorstellung & in tiefer Konzentration gesprochen wird, hat die Kraft, einer Sache Gestalt zu geben. Das Geheimnis liegt darin, die Vibrationskraft des menschlichen Geistes zu steigern.“ (Paramhansa Yogananda) (Warum verschweigt der Autor, was Yogananda danach sagt? Daß solche magischen Leistungen erst nach jahrzehntelangen, disziplinierten Yogaübungen möglich sind. Ein „normaler“ Mensch würde an solch hohen Schwingungen sofort zugrunde gehen. Übrigens das steht auch in der Bibel: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott.“ Und wer kann sich als „normaler“ Mensch schon zumuten, ein Gott zu sein? d.S.)

Was ist mit subliminals, mit den Geheimnissen desbackword-masking, mit den Trigger-Worten, die einen „schlafenden Agenten“ in eine Killer-Maschine verwandeln? Die Welt des „Spectacle“ (Debord & so) feuert permanent einen Soundteppich auf den „mündigen Bürger“ (altertümliche magische Beschwörungsformel) ab, operiert mit Telefonen, Radios, Verkabelungen,Muzak, Pop & Werbung: gelle, das Böse.

Nun gibt es auch Leute, die die Sache etwas anders angehen. In Tibet verwendet man singende Schalen, Glocken, Trompeten aus Schenkelknochen, um Geisteskrankheiten & Stoffwechselstörungen zu heilen. In Neu-Guinea benutzen sie große heilige Flöten, um Vibrationen zu erzeugen, bei denen das Bewußtsein offen wird für Offenbarungen. Die pipers of pan von Joujouka arbeiten mit Trommeln und Flöten mit außergewöhnlich hohen Frequenzen, um sich in Ekstase zu versetzen. & es gibt auch etliche moderne Krachmacher: „Throbbing Gistle“ beispielsweise waren berühmt für ihre Konzerte, bei denen Leuten reihenweise schlecht wurde, bei Frauen Blutungen einsetzten usw. „TG“ arbeitete bewußt mit bestimmten Rhythmen & tiefen Bässen am Rande des Infraschall-Bereichs. Sie reklamieren auch den Einsturz einer Konzerthalle für sich. William S. Buroughs entwickelte in The eletronic revolution eine Technik, wie man dem Geschnatter der Welt etwas entgegensetzen könne:

„Wir haben also drei Tonbandgeräte. & damit werden wir jetzt einen einfachen Wortvirus herstellen. Nehmen wir einmal an, wir haben es auf einen politischen Gegner abgesehen. Auf Tonbandgerät Nummer eins nehmen wir seine Reden & seine Privatgespräche auf & schneiden zusätzlich noch Stottern, Versprecher & mißglückte Versprecher rein - & zwar die schlimmsten, die wir auftreiben können. Auf Tonband zwei nehmen wir ein Sex-tape auf, indem wir sein Schlafzimmer abhören. Wir können das noch potenzieren, indem wir ihm Tonmaterial von einem Sexpartner unterjubeln, der für ihn normalerweise nicht zulässig wäre - zum Beispiel seine minderjährige Tochter. Auf Tonband drei nehmen wir empörte & haßerfüllte Stimmen auf. Jetzt zerlegen wir diese drei Aufnahmen in kleinste Bestandteile & setzen sie dann in willkürlicher Reihenfolge wieder zusammen. & das spielen wir jetzt unserem Politiker & seinen Wählern vor.“

Interessanterweise ist diese Technik etwas abgeändert gelegentlich auch mal zum Einsatz gekommen. Auf verschiedenen Demos beschlagnahmte die Polizei schon mal Lautsprecher, Kassettenrecorder & Tapes, da sie „beleidigend“ bzw. „verunglimpfend“ seien. Es ist auch möglich, solche Tapes nahe der Hörbarkeitsschwelle abzuspielen & so durch die Straßen zu marschieren.

„Schwebung“ nennt man ein Phänomen, das sich dadurch bildet, daß man zwei ähnliche Frequenzen spielt, die sich gegeneinander auslöschen. Im Auto findet das heute Verwendung: Hinter dem Sitz des Fahrers sind zwei Lautsprecher angebracht, die ihm die Fahrgeräusche zuspielen & sich durch die Methode der „Schwebung“ aufheben: Erst so ist CD-Genuß richtig möglich. „Laß die Kuh fliegen!„(Clockwork Orange)

Die gleiche Technik wendet auch Robert Monroe bei seinemHemi-Sync-Bändern an. Ins eine Ohr spielt er 400 Hertz, ins andere 404 Hertz. Durch die „Schwebung“ erhält das Hirn eine Frequenz von vier Hertz, & diese entspricht - man glaubt es kaum - dem Theta-Bereich der Hirnwellenfunktion. Auf gut deutsch & sehr verkürzt: Monroe schickt die Leute auf einen Trip.

Kosmos

Bei so viel bewußtseinsverändernden Möglichkeiten von Krach sollte noch eine letzte Überlegung nicht fehlen. Amerikanische Forscher des Resonanz-Phänomens haben festgestellt, daß bei Menschen in tiefer Meditation eine durch den ganzen Körper schwingende Vibration von sieben Hertz festzustellen ist. Sie beobachteten die gleiche Frequenz im Feld der Erde. Die Implikation ist klar: Wenn mensch sich auf diese Wellenlänge eintunt, ist er eins mit Mutter Natur. & so. Was für eine wunderbare Vorstellung dagegen, wir würden mit Hilfe unserer Technologien mal endlich diese sehr langsame Schwingung beschleunigen & so quasi schöpferisch in die „kosmische Harmonie“ (gähn!) eingreifen, eine schicke Dissonanz erzeugen. (Ach wie flippig: da halte ich mich lieber an Goethe, der mal sagte, daß man mit den Geistern, die man gerufen hat, auch fertig werden muß. Das wiederum halte ich bei nur kopftrainierten Wissenschaftlern und vielen New Agelern für unmöglich. Die landen unweigerlich auf Bonnies Ranch. Nur Menschen, die ihre eigenen Projektionen überwunden haben, sind in der Lage, solche immensen Schwingungen zu halten, sonst winkt die Schizophrenie. Carlos Castaneda war erst nach 20 Jahren „Training“ in der Lage, den „Schub der Erde“ zu nutzen. d.S.)

R. Stoert