Im Drogenkrieg nichts Neues

■ Zum Rauschgiftbericht der Bundesregierung

Ein Gericht in Florida verurteilt eine schwangere Kokserin wegen Weitergabe illegaler Drogen an ihr Embryo. Um einen Drogenhändler zu erwischen, werden Wohnviertel in Panama -City bombadiert. Amerikanische Kriegsschiffe vor Boliviens Küste drohen den Koka-Königen mit Ähnlichem - drei Meldungen der letzten Woche von einer Front, die sich als weiße Linie durchs ganze Land zieht, nicht nur in Amerika: die Front des Drogenkriegs. Er wird geführt „in aller Härte“, „entschlossen“, „in internationaler Zusammenarbeit“. Kaum ein internationales Politikertreffen das selbst bei totaler Zerstrittenheit nicht zumindest eine gemeinsame Resolution zum Kampf gegen Drogen verabschiedet. Eine Einigkeit, die zwar werbewirksam stark macht, faktisch aber nur das Immergleiche bringt: Der Verbrauch und der Mißbrauch illegaler (und legaler) Rauschmittel steigen und steigen und steigen.

Ronald Reagan erklärte 1986 die Drogen zum „Staatsfeind Nr.1“. Sein Nachfolger Bush ließ die Kampagne mit spektakulären Aktivitäten (s.o.) neu aufleben - am Trend wird das nichts ändern: Die USA stellen laut 'Time'-Magazin fünf Prozent der Weltbevölkerung und konsumieren über 50 Prozent aller illegalen Drogen, Tendenz steigend. Daß eine derartig gewaltige Nachfrage durch prohibitive Maßnahmen nicht zum Versiegen gebracht werden kann, liegt auf der Hand - die massiven militärischen Interventionen der jüngsten Zeit wirken denn auch weniger wie Abwehrmaßnahmen, sondern eher als Versuche, Kontrolle über den Markt zu erlangen. Wie die Verhaftung Noriegas wird jeder größere Drogenfund als Etappensieg im Drogenkampf multimedial gefeiert, und niemandem wird in diesem blindwütigen Krieg bewußt, daß er sich von Etappe zu Etappe zu Tode siegt: Die Opfer und die Süchtigen, die Zahl derer also, die durch diesen Krieg gerettet werden sollen, steigt stetig.

Die Vorschläge, die der Bundesinnminister für die nächste Etappe gegen die verschärfte Rauschgiftsituation jetzt unterbreitet hat, passen ins grausame Bild: mehr Polizei, verschärfte Kontrolle, neue Gesetze - business as usual. Das Ansinnen einer gesetzlichen Erlaubnis, in Sachen Drogen künftig ohne konkreten Verdacht, sondern schon bei „begründeter Vermutung“ polizeilich ermitteln zu dürfen, spottet jeder Rechtspolitik - daß derlei groteske Vorschläge, die man nur einmal auf andere Rechtsbereiche übertragen muß, tatsächlich ernsthaft diskutiert werden, zeigt, in welch aussichtsloser Lage sich der Drogenkrieg befindet - und doch marschiert man weiter in dieselbe Richtung. Dabei auch nur einmal stehen zu bleiben und über den Sinn der Übung zu diskutieren, diesem Versuch hat Schäuble eine scharfe Absage erteilt: Schon die Forderung nach einer Freigabe der Drogen sei geeignet, „die Gefahren des Konsums zu verharmlosen“. Daß ohne sofortige Entkriminalisierung des Konsumenten keine sinnvolle und humane Drogenpolitik zu machen ist, wollen die tapferen Krieger nicht hören. Sie rüsten lieber Polizei und Justiz auf, international und im großen Stil. Daß nach wie vor der Löwenanteil aller Ermittlungen und Verfahren Rauschgiftmengen unter 10 Gramm gilt, wird schon niemand stören..., schon gar nicht die großen Händler.

Mathias Bröckers