Doch neues DDR-Geld?

■ In Westberliner Wechselstuben herrscht Nervosität / Im Fadenkreuz: Spekulanten hüben wie drüben

Berlin (taz) - In West-Berlin mehren sich die Anzeichen dafür, daß die DDR-Regierung den Umtausch der jetzt zirkulierenden Banknoten gegen neue Geldscheine plant. In den Wechselstuben rund um den Bahnhof Zoo kursieren Gerüchte, nach denen bereits Formblätter gedruckt seien, die zum Umtausch der alten Hunderter gegen neues Geld zum gleichen Nennwert berechtigen. Der jüngste Kursverfall der DDR-Mark sei auf regelrechte „Abwehrkurse“ der Wechselstuben gegen die Verkäufer zurückzuführen, hieß es. DDR-Mark würden nur noch angenommen, um auch künftig im Geschäft zu bleiben. „Jeder hofft, daß der andere darauf sitzenbleibt“, sagte ein Geldhändler zur taz. 100 DDR-Mark notierten am Donnerstag mit 11,75 DM.

Schon im Dezember wurden die diplomatischen Vertretungen in Ost-Berlin aufgefordert, sich darauf einzustellen, ab 1.Januar alle Rechnungen in Devisen und nicht mehr bar in Mark der DDR zu bezahlen. Nun sollen sie sich angeblich darauf vorbereiten, die Herkunft größerer DDR-Mark-Beträge zwecks Umtauschs nachzuweisen. Eine Bestätigung dafür war aus zwei Ostberliner Botschaften und aus der Ständigen Vertretung der BRD nicht zu erfahren.

Die Wechselstuben haben gute Kontakte zu den Diplomaten: Waren etwa bislang die Telefonrechnungen in DDR-Mark zu bezahlen, deckten sich die Männer mit den CD-Zeichen am Auto billig in West-Berlin mit den dafür notwendigen DDR -Banknoten ein - vom privaten Bedarf ganz abgesehen.

Auf drei bis vier Milliarden Mark schätzt die DDR-Regierung den Abfluß in den Westen seit dem 9.November. Dieses Geld würde schlagartig entwertet, wenn innerhalb weniger Tage neue Banknoten eingeführt würden. Vor einer schwierigen, aber nicht aussichtslosen Aufgabe dürften dann die DDR -Grenzpolizisten stehen, die einen Blitztransport der im Westen angehäuften Spekulationsgelder in ihr Land verhindern müßten. Selbst wenn das Geld durchkäme: Getroffen wären auch die Besitzer größerer Bargeldsummen in der DDR, wenn sie deren Herkunft nicht nachweisen können. Ansonsten dürfte bei Banken gegen Vorlage des DDR-Personalausweises umgetauscht werden.

Abgesehen davon, daß damit die Spekulation einen empfindlichen Nasenstüber erhalten hätte, gäbe eine solche Aktion noch einen weiteren Vorteil: Die schon lange gedruckten 200- und 500-M-Scheine könnten endlich unter die Leute gebracht werden. Die größte Banknote ist bislang der hellblaue Hunderter.

diba