Wie koordiniert man Fliegeschiß?

■ Umlandgemeinden wollen mit Bremen zusammen gemeinsame Regionalplanung machen

Jede Kommune, nicht nur um Bremer herum, kann ein Lied davon singen. In den Köpfen von Planern und Politikern hören die Probleme von Stadtentwicklung, Umweltschutz, Wirtschafts-und Verkehrspolitik schlagartig am Ortsausgangsschild des eigenen Zuständigkeitsbereiches auf. Ein paar Beispiele für die Folgen. Da weist die Gemeinde Weyhe ein Gewerbegebiet aus, daß an der Grenze zu Bremen direkt an ein Naturschutzgebiet stößt, an eine sogenannte Ausgleichsfläche, die gerade neu geschaffen wird. Da versucht Lilienthal seit Jahrenden die eigenen Verkehrsprobleme durch eine Umgehungsstraße zu lösen, die durch das Bremer Blockland führen würde, während die Bremer an einem Verkehrskonzept basteln, in das wiederum die Lilienthaler nicht eingebunden ist. Achim bekommt ein Rieseneinkaufszentrum vor die Haustür gestellt, ohne daß Bremen auch nur das Gespräch

gesucht hätte. Und Stuhr hat unter der Flughafenerweiterung zu leiden. An der Renaturierung der Wümmewiesen basteln Bremen, Verden und Rotenburg, jeder so auf seine eigene Art und Weise. Und alle Kommunen versuchen dem Müllinfarkt dadurch zu entgehen, daß man sich möglichst klammheimlich in irgendwelche Verbrennungskapazitäten einkauft.

Als „Hinterlassenschaft einer Fliege auf der Landkarte“ betrachtet Achims Stadtdirektor Wilhelm Petri die vielen kleinen und mittleren Gemeinden um Bremen herum. Für diesen Fliegenschiß mit dem dicken Haufen Bremen in der Mitte will er nun zusammen mit Kollegen aus anderen Kommunen eine gemeinsame Planungsinstanz ins Leben rufen. In der vergangenen Woche trafen sich Gemeinde-und Stadtdirektoren aus Delmenhorst, Syke, Weyhe, Stuhr, Dörverden, Verden, Langwedel und The

dinghausen mit einem Vertreter aus dem Bremer Rathaus, um zu überlegen, wie eine bessere Regionalplanung zu organisieren wäre.

Bevor es an die Diskussion von tatsächlichen Problemen gehen kann, sind zunächst bürokratische Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. Denn eigentlich geziehmt es sich für die Kleinen aus dem Umland gar nicht, mit Bremen zusammen an einem runden Tisch zu sitzen. Dafür ist, in organisierter und verbindlicher Form, nach der Verfassung einzig und allein die Niedersächsische Landesregierung zuständig. Doch die gemeinsame Landesplanung, die zwischen den beiden Bundesländern eigentlich existiert, hat bislang nie diesen Namen verdient. Um dieses formale Problem zu umgehen, schwebt Petri eine privatrechliche Gesellschaft mit eigener kleiner Verwaltung vor.

Zweites Problem: Wie groß ist die Region? Gehört da Oldenburg

noch dazu, oder meint das nur die direkt an Bremen angrenzenden Kommunen? Und was ist mit Bremerhaven, Cuxhaven? Zu diesen Fragen will ein jetzt eingesetzter fünfköpfiger Arbeitsausschuß beratungsfähige Vorschläge erstellen.Bis aus den Vorschlägen konkrete Lösungsansätze werden, wird noch viel Weser durch Bremen und das Umland fließen. Peteri: „Was wir bislang machen, ist ein Vordenken. Das Ergebnis ist für mich noch völlig offen.“

Ein Versuch, aus dem sich die Politiker bislang noch weitgehend heraushalten. Immerhin hat SPD-Mann Petri inzwischen die Genossen Claus Dittbrenner und Ilse Janz angeschrieben, um für seine Idee zu werben. Petri: „So wie es im Moment ist, werden Millionnen verschleudert. Und es werden Umweltressourcen verschleudert. Der Problemdruck ist so groß. Da muß eine gemeinsame Lösung her.“

hbk