Lemke-Schultes Müllkonzept zu Abfall verarbeitet

■ Bremerhaven tanzt nicht nach Evi Lemkes Müll-Pfeife: „Die Bremer haben uns da gar nichts zu sagen“

Nach jahrelanger Arbeit war es endlich soweit: Vor genau 10 Tagen präsentierte Umweltsenatorin Evi Lemke-Schulte das langerwartete Konzept, wo Bremens Müll im nächsten Jahrzehnt bleiben soll. Ihr Müll-Konzept kann Evi Lemke schon jetzt wieder in den Müll werfen.

Wichtigster Faktor in Lemkes Abfallwirtschaftsplan: Die Müllbeseitigungsanlage (MBA) Bremerhaven. Allerdings hatte Lemke ihre Rechnung ohne die Bremerhavener Müll-Strategen gemacht. Kommentar von Bremerhavens Bürgermeister Heinz Brand zu den Lemke-Plänen, künftig die Bremerhavener BürgerInnen mit dem Bremer Müll zu beglücken: „Die Diskussion in der Stadtgemeinde Bremen zu einem Abfallwirtschaftskonzept wird von wenig Sachkenntnis geprägt.“

Dabei hatte sich Evi Lemke-Schulte das alles so schön und sachkenntnisreich vorgestellt: Was in Bremer Mülltonnen partout nicht vermieden oder recycelt werden kann, soll im nächsten Jahrzehnt in der Bremerhavener Müllverbrennungsanlage verbrannt werden: ca. 200.000 Tonnen im Jahr. Die Bremer MVA, als Dreckschleuder bekannt, soll Ende der 90er endgültig stillgelegt werden.

Dafür soll in die Bremerhavener MBA noch ein weiterer Kessel eingebaut werden, in dem der Bremer Müll noch Platz hat. Weitere Verbrennungskapazitäten sollen die Bremerhavener nach Lemkes Plänen freischaufeln, indem weniger Müll aus dem niedersächsischen Umland nach Bremerhaven importiert wird.

Aber: Die Bremerhavener denken gar nicht daran, ihre Verträge mit den Niedersächsischen Gemeinden aufzulösen. Im Gegenteil, sie verhandeln derzeit munter mit den Landkreisen Verden, Cuxhaven und Osterholz, sowie der Stadt Emden über Vertragsverlängerungen. Hintergrund: Neue Verträge mit längeren Laufzeiten bedeuten für die MBA-Be

treiber bares Geld. Die Bremerhavener hatten bisher ihre Müllverbrennungsdienste zu Dumpingpreisen im Umland verkaufen müssen, damit die MBA mit rund 300.000 Tonnen pro Jahr überhaupt ausgelastet ist, nur jede dritte Tonne davon stammt aus Bremerhavens Haushalten. Für die übrigen 200.000 wurden die Umlandgemeinden bislang mit 25 Mark pro verbrannter Tonne zur Kasse gebeten, während Bremerhaven je Tonne „hausgemachten“ Mülls 135 Mark zahlen mußte, damit die MBA auf einen kostendeckenden Durchschnitts-Preis von 75 Mark kam.

Dazu der Geschaftsführer der gemeinnützigen Müllbeseitigungsanlage Bremerhaven GmbH Heinrich Ketteler: „Wenn wir die Verträge um 20 Jahre bis zum Jahr 2020 verlängern, können wir schon ab sofort 75 Mark verlangen, und dadurch den Preis für den Bremerhavener Müll auf 75 Mark senken. Wenn wir die Verträge nicht verlängern, verlieren wir in den nächsten zehn Jahren 50 Millionen Mark “ Da denken die Bremerhavener Müllmänner und - frauen streng marktwirtschaftlich und wollen sich auch von den Bremern nicht hereinreden lassen.

Der Pressesprecher des Bre

merhavener Magistrates Volker Heigenmooser: „Die Bremer haben uns nichts zu sagen. Wir sind gehalten die MBA zu wirtschaftlich und ökologisch vernünftigen Bedingungen zu betreiben.“ Erste Konsequenz dieser Überlegungen: Die Vertragsverlängerung zu neuen Bedingungen mit der Stadt Emden bis zum Jahre 2020 ist fast unterschriftsreif.

Daß in Bremerhaven gegenwärtig kräftig und langfristig Verbrennungskapazitäten verhökert werden, hatte Evi Lemke -Schulte bei ihrem Abfallwirtschaftskonzept offensichtlich nicht auf der Rechnung. Lemkes oberstes Abfallwirtschafts -Planer, Adolf Pösel: „In unserem Gutachten stand die Empfehlung, die Verträge mit Emden und Verden nicht zu verlängern. Wir empfinden die Vertragsverlängerung mit Emden als bedauerlich, gehen aber davon aus, daß Bremerhaven nicht gegen die Interessen Bremens den Vertrag mit Verden verlängert.“

Mit den Bremerhavenern geredet hat darüber aber niemand, verrät Magistratssprecher Volker Heigenmooser und setzt noch eins drauf: „Viele Leute in Bremen meinen, die Umweltsenatorin könnte uns sagen, was gemacht wird. Das stimmt aber nicht wir sind gleichberechtigte Partner.“ Und auch der für die MBA zuständige Magistrats-Dezernent, Harald Heise, betont: „Die MBA GmbH besitzt mit den verschiedenen niedersächsischen Gebietskörperschaften gültige Verträge.“ Bremerhavens Bürgermeister Harald Brandt betont ebenfalls mit Blick Richtung Bremen:“ Zweifel an der Vertrags

treue der Stadt Bremerhaven sind überhaupt nicht möglich.“ Aber Harald Brandt gibt sich gegenüber der Umweltsenatorin Lemke

noch gesprächsbereit: „Wir können gemeinsam prüfen, ob 220.000 Tonnen Bremer Hausmüll pro Jahr in der MBA Bre

merhaven verbrannt werden können“ und fügt mahnend hinzu: „Der Ton liegt auf prüfen.“ David Safie