Drehscheibe zwischen Ost und West

■ Wissenschaftssenatorin Riedmüller zog Bilanz und blickte in die Zukunft / Berlin als Wissenschafts- und Hochschulstandort / Akademie der Wissenschaften soll lediglich als Körperschaft des öffentlichen Rechts aufgelöst, als privater Verein jedoch weiterbestehen bleiben

Wenn es nach dem Willen von Wissenschaftssenatorin Riedmüller geht, soll der Wissenschafts- und Hochschulstadt Berlin als Schnittstelle zur DDR eine besondere Bedeutung zukommen. Der Berliner Senat habe mit seiner Wissenschaftspolitik dafür zukunftsweisende Grundlagen geschaffen, bilanzierte sie gestern ein Jahr ihres Waltens in Wissenschaft und Forschung. Neben den bei solchen Anlässen üblichen Lobpreisungen der eigenen Politik wurden auf Nachfragen von JournalistInnen auch einige Neuerungen bekannt.

Frau Riedmüller spricht sich nun auch offiziell nicht mehr für den völligen Abzug der umstrittenen Akademie der Wissenschaften aus Berlin aus. Sie solle lediglich als Körperschaft des Öffentlichen Rechts aufgelöst werden, so Riedmüller. Die Koalitionsfraktionen haben einen entsprechenden Gesetzesentwurf eingebracht. Ende Januar soll er im Rechtsausschuß des Abgeordnetenhauses beraten werden. Im Zuge der Ost-West-Entwicklungen sollte sich die Akademie aber die Frage stellen, ob ihre Arbeit nicht besser in privater Form, als Verein oder Stiftung, fortgesetzt werden sollte. Dies sei allerdings ihre persönliche Meinung zur Akademie, betonte Riedmüller auch auf Nachfragen hin.

Ein zentraler Punkt in der Wissenschaftspolitik der nächsten Jahre werden die Ost-West-Beziehungen sein. Hier wird es sowohl im Bereich der Hochschulausbildung als auch der Forschung einen rasch ansteigenden Regelungsbedarf geben.

In dieser Woche läuft an den Westberliner Hochschulen die Immatrikulationsfrist für das nächste Semester aus, in dem sich auch StudentInnen aus dem Osten einschreiben können. Während an einigen Fachbereichen der FU mit einem riesigen Ansturm gerechnet wird, hat eine Nachfrage bei den Immatrikulationsämtern laut Riedmüller eine wesentlich geringere Anzahl als bisher angenommen ergeben. Man erwarte jetzt etwa 3.000 StudentInnen aus dem Ostteil der Stadt und dem Umland, die sich zu einem Vollstudium in West-Berlin einschreiben wollen. Wie die Zahlen tatsächlich ausfallen, bleibt abzuwarten, zusätzliche Mittel haben die Universitäten offensichtlich nicht zu erwarten. Sie wolle von Senatsseite auch darauf hinwirken, daß die Ost-West -Zusammenarbeit nicht zu einer Einbahnstraße werde, versprach Frau Riedmüller. Wann aber in Ost-Berlin jeder Campus den West-StudentInnen offensteht, ist im Moment noch nicht abzusehen. Die Wissenschaftsverwaltung plant, eine Expertenkommission einzusetzen, die über Organisation und inhaltliche Schwerpunkte der Kooperation beraten soll. Nächste Woche wird die Senatorin Gespräche mit ihren zuständigen DDR-Kollegen, den Ministern für Wissenschaft und Forschung sowie Jugend und Bildung führen.

kd