: Reisekrimis: Juan Madrid: "Der Schein trügt nicht" / Andreu Martin: "Barcelona-Connection"
Es muß jetzt ungefähr zwölf Jahre her sein, daß ich mit ein paar Freunden die spanische Mittelmeerküste entlang nach Marokko fuhr. Auf dem ersten Campingplatz, in der Nähe von Barcelona, wurde uns gleich der Spaß verdorben. Eine französische Freundin von mir war verdammt stolz darauf, fließend spanisch zu sprechen. Sie gab uns mit einem überlegenen Lächeln auf den vollen Lippen zu verstehen, daß sie für uns die Formalitäten an der Rezeption regeln würde. Aber kaum hatte die selbstbewußte Pariserin drei Worte gesprochen, als sie von der fetten Alten hinter der Theke angebellt wurde: „Reden sie gefälligst deutsch hier!“
Der Campingplatz sah denn auch dementsprechend aus, überall deutsche Fähnchen und, ich schwöre, Gartenzwerge vor den Zelten. So war es an der ganzen Mittelmeerküste, überall diese gruseligen Germanen. Ich bin nie wieder hin gefahren. Mit dem spanischen Kriminalroman bin ich auch nicht richtig warmgeworden. Natürlich habe ich Vasquez Montalban gelesen, war ja schon fast Pflichtlektüre. Der Mann war schließlich ein Genosse. Ich fand trotzdem einige amerikanische Krimiautoren bedeutend spannender und vom Stil her viel interessanter. Doch dann betrat Juan Madrid die Szene und der spanische Kriminalroman hatte seine „Schwarze Serie“. Juan Madrid ist Polizeiberichterstatter bei 'Cambio 16‘ und schreibt gleichzeitig diese ausgezeichneten düsteren Krimis. Sein Held ist Antonio Carpentero, Ex-Bulle und Ex-Boxer. Er arbeitet in Madrid als Privatdetektiv und nennt sich Toni Romano, unter diesem Namen hatte er im Ring gestanden. Die Polizei verließ er, weil er mit Korruption und Franco nichts mehr zu tun haben wollte. Toni lebt und arbeitet im Altstadtviertel der spanischen Metropole. Er hat nichts gegen die kleinen Gauner und Huren, die mit den Arbeitern zusammen dieses Viertel bevölkern, im Gegenteil er fühlt sich wohl hier. In der Geschichte Der Schein trügt nicht wird der Geschäftsmann und Politiker Valeriano Cazzo vor Tonis Augen erschossen. Toni ballert zurück und erwischt einen der Killer. Ein Verhör bei der Polizei und damit ist die Sache für ihn erledigt, denkt er. Aber er kann sich nicht dagegen wehren, daß er immer tiefer in einen Sumpf aus Machtintrigen und Gewalt versinkt...
Die anderen beiden Krimis, die bis jetzt von Juan Madrid auf deutsch vorliegen heißen: Ein Geschenk des Hauses und Ein freundschaftlicher Kuß (siehe auch taz v. 12.8.89), erschienen sind alle im Elster Verlag.
Der Krimi Barcelona Connection des Spaniers Andreu Martin wird vom oben erwähnten Verlag als „Actionthriller“ verkauft. Das ist er eindeutig nicht. Eher schon ein weiterer dieser kleinen schwarzen Romane, aber ein verdammt guter. Obwohl die Geschichte aus anderen Krimis längst bekannt ist (aufrechter Inspektor mit privaten Problemen kämpft gegen das organisierte Verbrechen und die eigenen Vorgesetzten), mixt der Autor doch einen spannenden Krimi -Cocktail zusammen. Und Martin macht deutlich, daß sich die Mafiabosse mit ihren Drogen- und Sex-Geschäften in den iberischen Großstädten einen neuen Markt erobert haben. Montalban schreibt in einem Vorwort zum Buch, es sei „Andreu Martins bescheidener Beitrag zu den Olympischen Spielen 1992, ein Beitrag, den ich von ganzem Herzen unterstütze.“
Karl Wegmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen