Paramilitärisches Mordkommando bedroht verbannten Nordiren

Daniel McBrearty wurde trotz Freispruch von einer Terrorismusanklage nach Nordirland deportiert  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Der 36jährige Nordire Daniel McBrearty, der am Montag in London von der Anklage des Terrorismus freigesprochen worden ist, steht auf der Todesliste eines loyalistischen Mordkommandos. Die „Sicherheitskräfte“ informierten McBrearty bei der Ankunft in seiner Heimatstadt Derry am Donnerstag, daß eine paramilitärische Protestantenorganisation im Besitz seiner Personalakte sei. Diese Tatsache ist den Behörden bereits seit September bekannt. Dennoch ordnete das britische Innenministerium am Montag seine Deportation nach Nordirland an und untersagte ihm das Betreten Großbritanniens. Weitreichende Sondergesetze ermöglichen es, NordirInnen aus Großbritannien zu verbannen, obwohl sie nach dem Gesetz britische StaatsbürgerInnen sind.

„Ich bin ohne Gerichtsverfahren zum Terroristen erklärt worden“, sagte McBrearty. „Selbst die Lokalzeitung hat mich als Terrorist bezeichnet. Ich muß mit einem Mordanschlag rechnen und kann nicht nach England zurück, wo ich mich sicherer fühlen würde.“ McBrearty wurde im September nach dem IRA-Bombenanschlag auf eine Kaserne in Kent verhaftet, bei dem elf Soldaten ums Leben kamen. Die Polizei fand an seinen Händen „Sprengstoffspuren“. McBrearty glaubt, daß er lediglich durch die große Publizität des Fehlurteils gegen die „Guildford Four“ vor einer lebenslangen Freiheitsstrafe bewahrt worden ist. Die Guildford Four sind im Oktober nach 15jähriger Haft freigesprochen worden, weil sich der forensische Test als völlig unzuverlässig erwiesen hatte. In Anbetracht des Freispruchs von McBrearty forderte Bischof Cathal Daly erneut die Freilassung der „Birmingham Six“, die 1975 ebenfalls wegen „Sprengstoffspuren“ an den Händen zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden waren.

Neben McBreartys Akte sind den loyalistischen Todesschwadronen in den letzten Jahren mindestens 500 weitere Personaldokumente „mutmaßlicher IRA-Mitglieder“ von den „Sicherheitskräften“ zugespielt worden. Das Büro der Kommission, die diese Fälle untersuchen soll, ist in der Nacht zum Donnerstag vermutlich durch Brandstiftung vollständig zerstört worden, obwohl das Gebäude Tag und Nacht streng bewacht wird. Das Feuer hat sämtliche Akten und Computer vernichtet.