Umbenennung in SPD ist nur noch Formsache

NRW-SPD und SDP vereinbaren massive Wahlkampfunterstützung / Rau hofft auf Sogwirkung für seine Landtagswahl / Redneraustausch, Büroausstattung komplett und PKWs / Am Sonntag wird sich die SDP auf ihrer Delegiertenversammlung in SPD umbenennen  ■  Von Walter Jakobs

Berlin (taz) - Am Abend vor dem Berliner SPD-Parteitag im letzten Dezember paßte die Ladung für die Ostberliner SDP noch in den Bus der Delegierten vom Bezirk Mittelrhein, die in Ostberliner Hotels nächtigten: 80.000 Blatt Papier, 12 elektrische Schreibmaschinen, 4 Computer zwischen den Sitzen verstaut. Das waren die Anfänge. Inzwischen wechseln ganze Lastwagenladungen von den Genossen West zu den Genossen Ost.

Der Bezirk Ostwestfalen wird das SDP-Bezirksbüro „völlig einrichten“ - einschließlich eines PKWs. „Ohne unsere Hilfe“, sagt Geschäftsführer Friedel Uthe, „geht es überhaupt nicht.“ Beim Bezirk Niederrhein steht „eine Fuhre bereit mit einer kompletten Büroausstattung“ für Karl-Marx -Stadt. Das freut den dortigen provisorischen SDP -Geschäftsführer Mathias Wagner, der am Freitag mit seinen DDR-Kollegen und den SPD-Geschäftsführern aus NRW in einem Westberliner Nobelhotel an einem Tisch sitzt. In Wagners Bezirk gehören der SDP inzwischen 3.000 Mitglieder an. Die Partei konnte regelmäßige Rundfunkzeiten im örtlichen Sender durchsetzen und hat eine autonom gestaltete Seite in der SED -Zeitung zugestanden bekommen.

Solche Berichte stimmen auch die Genossen West froh. Sie wollen der SDP in den nächsten Wochen und Monaten noch mehr unter die Arme greifen, damit die Partei möglichst stark aus den Wahlen am 6. Mai herauskommt. Dazu dient das Treffen. Daß gerade die NRW-SPD sich dabei weit mehr als alle anderen SPD-Landesverbände engagiert, hängt insbesondere mit dem eigenen Wahltermin zusammen. Eine Woche nach der DDR-Wahl, am 13. Mai, wird das Volk in NRW und in Niedersachsen an die Urnen gebeten.

In NRW hat Norbert Blüm schon in der Endphase des letzten Kommunalwahlkampfes die Deutschlandpolitik zum zentralen Wahlkampfthema gemacht. In der nächsten Woche tritt der Landesvorstand der NRW-CDU demonstrativ drei Tage auf der Wartburg bei Eisenach zusammen. Zwar gibt es auch von seiten der SPD in Niedersachsen Kooperation mit der inzwischen zur Schwesterpartei erkorenen SDP, aber die NRWler treten wesentlich aktiver und gezielter auf. Das hängt auch damit zusammen, daß sich just um den 9. November herum viele SPDler aus NRW wegen einer Ausstellungseröffnung in Leipzig befanden und eine Vielzahl von Kontakten zur SDP entstanden.

Eine Woche später, als die Bundes-SPD noch an alle Bezirke telexte, man möge den Kontakt zur SDP möglichst meiden, trat deren 1. Sprecher, Stephan Hilsberg, schon als Redner beim SPD-Landesparteitag in Köln auf.

Manchen SDP-Politikern geht diese Umarmung inzwischen zu weit. Stephan Hilsberg erzählt von einem Parteifreund, der Materialien mit der Begründung zurückwies, er wolle „keine Almosen“, und das gehe gegen seine „Ehre“. Offenbar sind solche Reaktionen aber die Ausnahme. Massiv greift lediglich die SED die Westhilfe an. SDP-Büros, wie etwa in Neu -Brandenburg, werden „als Filiale der SPD denunziert“, berichtet der Bezirksvertreter Rene Sommerfeld.

Tatsächlich mischt die SPD kräftig mit. Bodo Hombach, der nordrhein-westfälische Wahlkampfleiter, betont zwar, daß sie nur auf Wunsch der DDR-Freunde tätig würden, sagt aber auch, daß die Westgenossen die Ostgenossen „anregen und bestärken, sich zu präzisieren und zu profilieren“. Der von den DDR -Kollegen mit tausend Fragen überschüttete Wahlkampfprofi versucht dabei, den Genossen Ost klarzumachen, daß „es keine Wahlkampftechnologie gibt, die einfach siegen hilft, sondern ein konsistentes Politikkonzept erforderlich ist, das die Menschen überzeugt“. In NRW nennen die Sozis das „Bodenhaftung“.

Nachdem eine Unterkommission des runden Tisches am Mittwoch abend mit den Stimmen der SDP, des Demokratischen Aufbruchs und der Grünen Partei einen Passus beschlossen hat, zur Wahl am 6. Mai nur Parteien zuzulassen, nicht aber Bürgerbewegungen wie das Neue Forum, in denen auch Mitglieder von Parteien mitarbeiten, ist der weitere Weg vorgezeichnet. Für Stephan Hilsberg hat sich „damit unsere Vorstellung von Wahlbündnis durchgesetzt und nicht die des Neuen Forums und von Demokratie jetzt“. Am Ende wird wohl auch dieses Bündnis nicht halten, sondern die SDP allein antreten.

Am Sonntag auf der SDP-Delegiertenversammlung in Ost-Berlin wird auch im Parteinamen eindeutig klargestellt, daß die Unterschiede zum großen Parteibruder West inzwischen kaum noch von Belang sind. Man rechnet mit einer 80prozentigen Zustimmung für die Umbenennung in SPD.