Bundesbahn-Raga oder musikalische Drähte

■ Eine Klanginstallation im „Haus am Deich“

In allen größeren Städten der Bundesrepublik hat die Deutsche Bundesbahn mit der Beseitigung der althergebrachten riesigen Güterbahnhöfe begonnen. Vielleicht zur Freude zahlreicher AnwohnerInnen, die eine Geräuschkulisse los sind. Es wird aber auch immer eine Minderheit gegeben haben, die sich an singenden Drähten und Rangiergeräuschen erfreut haben; wenn es nachts still war, konnte man auch noch in weiterer Entfernung den traurigen Gesang der sterbenden Eisenbahn vernehmen. Diese Menschen wären mit der Klanginstallation von Thomas Buts am Samstag im „Haus am Deich“ sicher sehr zufrieden gewesen.

Dort hatte er in einem im Ausbau befindlichen Raum zwei Drähte parallel in unterschiedlicher Straffheit gespannt, etwa über 30 Meter. Ein Draht lief durch einen offenen Aluminiumkasten als Schallboden. Ein weiterer Draht war zwischen zwei festgeklemmten Leitern gepannt. Thomas Buts fuhr die Drähte mit Lappen entlang oder bearbeitete

sie mit verschiedenen Metallstäben, einem Kamm oder einem Geigenbogen. Die Klänge wurden über ein Raummikrophon noch verstärkt. Das klang in den sanften Teilen fast wie klassische Sitar-Musik. Hätten wir nicht an staubige Wände und glühende Heizungen gelehnt stehen müssen, hätten für mich diese Sequenzen ruhig eine Stunde dauern können vielleicht in einer kahlen romanischen Kirche im Morgengrauen. Die dröhnenden und knarrenden Abschnitte ließen Georg Deuters „Der Turm“ bzw. Pierre Henrys „Fievre et mort“ assoziieren. Aber das wird wohl nur Zufall gewesen sein.

Nach einer guten halben Stunde war schon alles vorbei. Ich war erleichtert, denn es war zwar interessant zu sehen, wie die Klänge erzeugt werden, aber sie, etwa auf einem Teppich liegend, von Schallplatte zu hören, wäre sicher schöner angekommen. Und das ganze performance zu nennen, lieber Thomas Buts, ist sicher eine Übertreibung.

Klemens Alff