Blinkende Hintern

■ Chez Nous-Ensemble aus Berlin mit „Die Herren Damen lassen bitten“ in der Glocke

Es ist immer wieder tragisch festzustellen, daß Männer die schöneren Frauen sind. Endlose Beine, die schillernden Federn und Pailletten entwachsen zu sein scheinen, schreiten aufs Anmutigste auf lebensgefährlichen Absätzen, ohne im mindesten zu schwanken. Aufregende Hinterndekolletes, blinkend und glitzernd gefaßt, der Neid möchte einen zerfressen, wenn man nicht wüßte...

Ein Stück Las Vegas, der schwüle, parfümgeschwängerte Duft der ganz großen Welt hat Bremen gestreift. Und wieder haben ihn nur die falschen Leute gerochen; Perlen vor das Glockenpublikum, das sich schon wiehernd auf die Beine schlägt, wenn von Titten und Blasen die Rede ist. Aber auch die gerümpfteste Nase ob der Örtlichkeit und der Mitseher schützt vor Begeiste

rung nicht. Einem Saal wie der Glocke den Muff einlullender Kammerkonzerte in 4711-ge schwängerter Luft auszutreiben, da gehört schon einiges zu. Die Herren Damen ließen sich nicht lange bitten, Licht an, Vorhang auf, die Show beginnt.

Lady Jane, die Glanz-und-Glitter-Dralle mit Berliner Schnodderschnauze, ist die charmante Conferencieuse. Die meterlange Boa lasziv schwingend, trägt sie Vertrauliches über ihre Kolleginnen vor und erzählt vom vergeblichen Durchwandern des Tierparks auf der Suche nach einem Mann. So bedauerlich ihre erfolglosen Bemühungen auch sein mögen: von Lady Jane wie auch von den anderen grazilen, buntgefederten Damen geht etwas aus, das viel weiblicher ist, als eine Frau je sein kann, ein Zauber, der neidisch macht auf ihr Leben zwi

schen den Geschlechtern. Wie grau ist man doch neben diesen Paradiesvögelinnen im Rampenlicht.

Chez Nous beherrschen damenhaft ihre Kunst der Verwandlung, sie sind nicht Abbilder von Frauen, sie sind eine eigene Geschlechtscreation. Das Schmuckstück dieser Serie ist Marcel Bijou. Bildschön und geistreich geleitet sie ihr Publikumsopfer auf die Bühne und hat mit dem jungen Mann auch gleich eine gute Wahl getätigt. Der Schadenfreude -Effekt leidet natürlich im großen Saal. Das ist alles viel zu schön, um wahr zu sein. Ein Opernglas, ein Opernglas für die Voyeurin, als aus der grauen qualmenden Raupe ein wunderschöner Schmetterling wird und mit seinen phosphoreszierenden Flügeln dem Irdischen entflattert. Kerstin Dreye