Pornofilme tauscht man nicht

■ Videofan verkaufte Sex-Kassetten auf dem Flohmarkt: 20 Tage Arbeit und 100 Mark Strafe

Joachim W. ist passionierter Video-Gucker. W. guckt alles, was ihm vors Auge kommt: Western, harmlose Lachfilme - aber auch Pornos und Horrorstreifen wandern regelmäßig in seinen Videorekorder. Der 30jährige Oldenburger, seit anderthalb Jahren

arbeitslos, ist deshalb Stammkunde in den Videotheken seiner Umgebung. Rund 250 Filme hat W. sich außerdem gekauft: Zumeist von Videotheken, die ihre abgenutzten Kassetten oft für 20 Mark pro Stück ausrangieren und verramschen. Mit 174 Mark Arbeitslosenhilfe pro Woche finanziell nicht gerade gut gestellt, versuchte W. deshalb im Sommer, einige seiner Filme auf dem Flohmarkt Bürgerweide weiterzuverscherbeln.

Das brachte dem unbedarften Freizeit-Videothekar jetzt einen Strafbefehl und eine Verhandlung vor dem Bremer Amtsgericht ein: Eine Zivilstreife hatte in einem Karton an seinem Stand porno grafische Filme und „Die Rache der 1.000 Katzen“, einen von der Bundesprüfstelle indizierten, blutrünstigen Horrorstreifen im Angebot entdeckt. „Wußten Sie denn nicht, daß das Verbreiten pornografischer Filme verboten ist?“ fragte Richter Hoffmann

den Angeklagten. Er habe die Filme ja nicht öffentlich ausgelegt, sondern nur gezeigt, wenn erwachsene Kunden ausdrücklich danach fragten, meinte dazu Joachim W. Der Richter greift zu dem indizierten Film „Rache der 1.000 Katzen“: „Wie kann man denn sowas überhaupt kaufen? Und das sehen Sie sich an? - Das ist ja widerlich“, entfährt es Richter Hoffmann. Er ist schon vom Klappentext des Covers bedient: Ein Mann läßt demzufolge junge Frauen reihenweise ermorden, zerstückeln und seinen Katzen zum Fraß vorwerfen. Bis die Katzen sich rächen. Verständnislos nehmen Richter Hoffmann und Staatsanwalt Panienka zur Kenntnis, daß jemand „an so etwas Gefallen findet“. „Na gut, moralisch verantworten sollen Sie sich hier ja nicht.“ Naheliegend scheint dem Gericht dessen ungeachtet, daß Joachim W. mit derartigen Filmen Handel trieb.

W.s Verteidiger stellt darauf

hin die Lebenssituation seines Mandanten dar: Sonderschule, keine Berufsausbildung, langzeitarbeitslos. Zusätzlich belastet ist W. durch einen Schuldenberg und Unterhaltszahlungen für seinen siebenjährigen unehelichen Sohn, der bei Pflegeeltern lebt. Für die eigene Kost und Logis zahlt W. 300 Mark monatlich an seine Eltern. Bleiben rund 300 Mark Taschengeld für ihn übrig. Herausreißen eines Zigarettenautomaten und Nichtbezahlen per Katalog bestellter Waren hatten W. zwei Vorstrafen wegen schweren Diebstahls und Betrug eingebracht. W.s Verteidiger bittet deshalb für seinen Mandanten („Er hat ein kindliches Gemüt und ist sehr einfach strukturiert.“) um eine milde Strafe. Richter Hoffmann verordnet ihm 20 Tage Arbeit in einer gemeinnützigen Einrichtung und 100 Mark Geldstrafe: „Zur Erinnerung an dieses Verfahren und das nette Amtsgericht in Bremen.“

ra