Jubel über Zweitregister

■ Liberale Rechnung und Meinungsführerschaft

Eitel Schulterklopfen bei den Liberalen: Zur eigenen Erbauung hatten MdB Manfred Richter und der stellvertretende Landesvorsitzende Rolf Stuchtey zur Pressekonferenz eingeladen. Vor den versammelten JournalistInnen priesen sie ein Jahr nach der Einführung des Zweitregisters dessen wirtschaften und beschäftigungspolitischen Erfolg. „Unsere Kritiker haben Unrecht behalten. Durch die Einführung des Zusatzregisters ist noch nicht ein einziger Arbeitsplatz vernichtet worden.“

Richter präsentierte einen Wust von Zahlen, an denen er seine Behauptung belegen wollte. Danach waren am 31.12.1988 15.077 deutsche Seeleute und 3.261 ausländische unter bundesdeutscher Flagge beschäftigt. Demgegenüber stünden neun Monate später 15.321 deutsche und 3.447 ausländische. Macht nach liberaler Rechnung ein plus von 250 neuen Arbeitsplätzen für deutsche Seeleute.

Hört sich schön an, ist aber falsch. Legt man Richters eigene Zahlen zu Grunde, so ergibt sich folgende „bereinigte“ Version. Am 31.12.1988 beträgt der Anteil der ausländischen Seeleute unter bundesdeutscher Flagge etwa 20 Prozent. Neun Monate später, nach Einführung des

Zweitregisters, ist die Zahl der Arbeitsplätze auf bundesdeutschen Schiffen um 430 gestiegen. Von diesen 430 Arbeitsplätzen übernehmen jetzt 186 ausländische Arbeitnehmer die Stellen, das sind 40 Prozent aller Stellen. Wieviel von diesen Handelsschiffen unter einem Zweitregister fahren, ist nicht bekannt.

Daß die Handelsflotte in guten Gewässern schwimmt, ist unbestreitbar. Jürgen Grund, Gewerkschaftssekretär bei der DAG in der Abteilung Schiffahrt: „Die Reeder konnten im letzten Jahr Überkapazitäten bei der Tonnage abbauen. Mit dem Zweitregister hat das nichts zu tun.“ Insgesamt verzeichnete die Branche einen beachtlichen Konjunkturaufschwung. Für eine arbeitsmarktpolitische Analyse sei es zu früh.

Doch weil aus liberaler Sicht alles so rosig ist, will die FDP gleich europaweit vorstoßen. „Das Zweitregister ist eine interessante Alternative im Zuge der EG-Harmonisierungen“, meinte Rolf Stuchtey. Dem konnten Heinz Holdt und Roland Gersch von der Selbsthilfegruppe Deutscher Seeleute nicht zustimmen. „Seit Jahren werden die Reeder mit Milliardenbeträgen subventioniert. Wann wird endlich mal etwas für den Seemann getan?“ ma