Polizei liefert weiter alles ans BKA

■ Datenschutz-Bericht über 1988 ohne Folgen / APIS-Computer fehlt „verfassungsmäßige Grundlage“

Ende März des vergangenen Jahres hat der Datenschutzbeauftragte des Bremer Parlaments, Dr. Alfred Büllesbach, seinen 11. Jahresbericht vorgelegt und u.a. die Bremer Praxis der Speicherung von Bagatell-Delikten mit Namen im Computer des Bundeskriminalamtes, APIS, gerügt. Bald ein Jahr ist vergangen, Zeit genug für den verantwortlichen Innensenator, sich mit den monierten Verfahrensweisen zu befassen. Aber der Datenschutzbeauftragte hat bis heute nicht Nachricht bekommen, daß seinen Be

denken rechnung getragen worden sei: „Ich gehe davon aus, daß mein Bericht nicht umgesetzt worden ist“, teilte er gestern der taz auf Anfrage mit.

Immerhin hat sich der Datenschutz-Ausschuß des bremischen Parlaments auf mehreren Sitzungen mit dem Bericht befaßt. Einer der Punkte des Datenschutz-Berichtes war die Praxis der Bremer Polizei, auch Bagatell-Delikte an den Staatsschutz-und Terrorismus-Computer des Bundeskriminalamtes APIS zu liefern. Der Bremer Parlamentsausschuß, so

steht im Entwurf für seine Abschlußerklärung, „hat zur Kenntnis genommen, daß die Innenministerkonferenz Anfang November 1989 beschlossen hat, für APIS eine Rechtsgrundlage zu schaffen“.

Seit dem Volkszählungsurteil vom Dezember 1983 fehlt nämlich, darauf hatte der Datenschutzbeauftragte hingewiesen, für den BKA-Computer die „verfassungsgemäße Grundlage“. Büllesbach hatte gerügt, daß die Bremer Polizei diesen BKA-Computer seht viel extensiver mit

Daten Bremer Bürger füttert als andere Bundesländer. Jeder Vorgang beim Bremer Staatsschutz landet im BKA-Computer Bremen benutzt diese Spezial-Datei als „internes Aktennachweissystem“. Jedes Landeskriminalamt der Bundesrepublik findet da Hinweise, wo in Bremen über wen eine Akte angelegt ist, kein anderes Bundesland verfährt so, nicht einmal die Kommune Bremerhaven. Bis 1991, so hatte der Senat in seiner Stellungnahme zu dem Datenschutzbericht erklärt, soll sich daran aber nichts ändärn. Der Parlamentsausschuß fordert den Senat auf, zu prüfen, ob nicht doch vorher etwas zu machen sei - „unter Abwägung des finanziellen Aufwandes“.

Die Bremer Polizei liefert aber auch bagatell-Delikte direkt an den BKA-Computer. Der Datenschutzbeauftragte hat in dem BKA-Computer die Daten von Bremern gefunden, die gegen die Volkszählung protestiert haben, 15 Leute die ein DVU-Wahlplakat „beschädigt“ haben, 2 Frauen, die sich für eine spontane Demonstration gegen Jugendarbeitslosigkeit verantwortlich gemeldet haben. Das alles sei zu löschen, hatte der Datenschutzbericht verlangt. Nach den erobe

nen Stichproben seien bis zu 50% aller von Bremen gelieferten Datzen solcherlei Bagatell-Fälle.

Ob etwas und was gelöscht ist, weiß bis heute weder der Datenschutz-Ausschuß noch der Datenschutz-Beauftragte. Nur eines ist klar: Die Praxis dieser Weitergabe von Daten hat sich nicht geändert, immer wieder werden einzelne Fälle bekannt (vgl. zuletzt taz 3.1.) Der Datenschutz-Ausschuß des Parlaments will den Senat „auffordern, durch Schulungsmaßnahmen sicherzustellen, daß die Verhältnismäßigkeit bei der Speicherung von verdächtigen und unverdächtigen Personen beachtet wird“. Moniert der Grüne Ausschuß-Vertreter Martin Thomas: „Es gibt keine Richtlinie des Innensenators für die Polizei“.

Überhaupt sind die monierten Fälle nur aufgeflogen, weil der Datenschutzbeauftragte Stichproben gemacht hat. Und der Parlamentsausschuß erfährt nur, wonach die Abgeordneten fragen. Nach Daten-Lieferungen, die die Polizei „vertraulich“ stempelt und die deshalb auch im Datenschutz -Bericht nicht erwähnt werden dürfen, hat auch der Grüpne Martin Thomas nicht gefragt.

K.W.