Anne Klein: „Die Kuh muß vom Eis“

■ Mehr ließ sich die Jugendsenatorin vor der heutigen Senatssitzung zum KiTa-Streik nicht entlocken / Gestern erster Tag der KiTa-Streikwoche: 85 Prozent der städtischen KiTas im Ausstand / Demonstrationen in Neukölln und vor Mompers Haus

Gestern begann der inzwischen dritte befristete Streik der KiTa-ErzieherInnen für einen Tarifvertrag, der die Personallage in den Kindertagesstätten verbessern soll. Laut Auskunft der Gewerkschaften ÖTV und GEW beteiligten sich von den 395 städtischen KiTas 336 am ersten Ausstandstag der Streikwoche, was einer Beteiligung von 85 Prozent entspreche. Erstmals streikte auch die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG) mit.

Zu einer spontanen Demonstration versammelten sich vor der Privatwohnung des Regierenden in der Fichtestraße früh morgens etwa 70 Eltern aus umliegenden KiTas. Sie versuchten Momper auf dem Weg zur Arbeit abzufangen und forderten lautstark mehr pädagogische Betreuung in den KiTas. Momper stieg aber unbeeindruckt und schnell in die bereitstehende Limousine ein. Ebenfalls gestern morgen zogen etwa 1.000 Eltern, Kids und ErzieherInnen über die Karl-Marx-Straße zum Hermannplatz.

Heute wird sich der Senat mit dem KiTa-Streik befassen, nachdem es in der letzten Woche erstmals Kompromißverhandlungen zwischen Jugendsenatorin Klein, Innensenator Pätzold und Beamten aus dem Finanzsenat gegeben hatte. Bisher lehnte der Senat die Forderung der Gewerkschaften über diese Tarifinhalte ab. Argument: Die zuständige bundesweite Arbeitgeberorganisation „Tarifgemeinschaft deutscher Länder“ (TdL) habe gegen einen Zusatztarifvertrag zur Personalbemessung ihr Veto eingelegt; außerdem sei das Ganze zu teuer. Auch AL und SPD sind in der Tarifvertragsfrage zerstritten. Ende letzter Woche deutete sich - spärlichen Informationen der Pressestellen zufolge ein Kompromiß zumindest an. Denkbar schien ein Tarifvertrag auf Berliner Ebene, der die TdL nicht berührt.

Auch das Abgeordnetenhaus wird sich mit dem KiTa-Streik befassen. Die Regierungsfraktionen AL und SPD haben dazu für die Sitzung an diesem Donnerstag eine Aktuelle Stunde beantragt. Vor der morgigen Senatssitzung versuchte die taz noch in einem Kurzinterview am Telefon der Jugendsenatorin Klein etwas über ihre Verhandlungslinie und ihre Prognosen zu entlocken. Hier das Ergebnis:

taz: Ihr Haus klang ja nach den Gesprächen mit dem Innen und Finanzsenat recht optimistisch, was einen möglichen Kompromiß angeht. Wieso das?

Anne Klein: Es handelt sich um einen Konflikt, und da muß man versuchen, daß alle gemeinsam in irgendeiner Form, in der richtigen Atmosphäre zu einer Lösung dieses Konfliktes kommen. Die Kuh muß vom Eis, und hier ist das Eis ziemlich dünn. Mit diesem Konflikt muß vorsichtig umgegangen werden.

Wie kann ein möglicher Kompromiß denn vom Finanziellen und von der Form her aussehen?

Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, und wir werden natürlich bevor der Senat im Ganzen nicht darüber beraten hat, keinen Ton darüber verlieren. Es sollen keine falschen Hoffnungen geweckt werden und es soll keine Spekulationen geben. Ich kann nur sagen: Wir sind bemüht - mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.

Es geht in Richtung Tarifvertrag auf Berliner Ebene?

Ich wiederhole mich nicht gerne. Ich sage dazu nichts. Das haben sich in diesem Fall alle gegenseitig zugesichert und alle haben sich bisher daran gehalten. Von dieser Vereinbarung gehe ich nicht ab, die ist diesem Konflikt angemessen.

Okay. Sie sind ja als einzige schon früh auf Kompromiß und Verhandlungslinie gegangen, aber auf erheblichen Widerstand gestoßen. Da war zum Beispiel der Konflikt mit der Anzeige des Senatspresseamtes, die sie quasi in die SPD -Linie „keine Tarifverhandlungen“ einbinden sollte. Verbinden Sie mit der Frage KiTa Ihr politisches Schicksal?

Ich denke, das ist ein politischer Streit, wo sich nicht die Schicksalsfrage stellt. Wenn ich das angepaßte Mäuschen sein will, dann kann ich gleich zu Hause bleiben. Politik heißt, sich auseinandersetzen und verschiedene Positionen, insbesondere fachpolitische, und um die geht es mir ja nun, auch zu vertreten. Vielleicht wissen wir morgen mehr.

kotte