Journalistin weiter in Haft

■ Türkische Zeitung spricht von „diplomatischem Skandal in Bonn“ / Hella Schlumberger seit Donnerstag im Gefängnis

Berlin (taz) - Trotz der Intervention der bundesdeutschen Regierung am Donnerstag und Freitag letzter Woche ist die deutsche Journalistin Hella Schlumberger nach wie vor in der Türkei in Haft. Die türkische Staatsanwaltschaft wirft Hella Schlumberger vor, mit ihrem Eintrag in das Gästebuch eines Vogelparks: „Eine große Türkei, ein Kurdistan mit gleichen Rechten“ separatistische Propaganda betrieben zu haben.

Gegenüber der türkischen Zeitung 'Hürriyet‘ hat der stellvertretende türkische Ministerpräsident Bozer am Sonntag behauptet, Bundesaußenminister Genscher habe bei ihrem Gespräch am letzten Freitag bei keinem Thema von einer möglichen Belastung der deutsch-türkischen Beziehungen gesprochen. Genscher hatte demgegenüber erklärt, falls der Fall Schlumberger nicht befriedigend gelöst wird, könnte dies zu einer Belastung der Beziehungen beider Staaten werden.

Gegenüber der taz präzisierte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag, unter „befriedigender Lösung“ habe Genscher ganz eindeutig die sofortige Freilassung Frau Schlumbergers verstanden. Herr Bozer habe zugesagt, in diesem Sinne aktiv zu werden. Der will laut Hürriyet nun nichts mehr davon wissen. Er habe Genscher darauf hingewiesen, daß die Justiz in der Türkei unabhängig sei und sich deshalb seinem Einfluß entziehe.

Hella Schlumberger, die auch für die taz gearbeitet hat, wird seit Donnerstag letzter Woche in dem berüchtigten Militärgefängnis der kurdischen Stadt Diyarbakir festgehalten. Der gegen sie erhobene Vorwurf kann im Falle einer Verurteilung bis zu 10 Jahre Gefängnis nach sich ziehen.

JG