„Wir haben riesiges Glück gehabt“

Brief von Dr.-Ing. Detlef Dibbern, Vorstandsmitglied der BASF, an Bundesverteidigungsminister Stoltenberg  ■ D O K U M E N T A T I O N

Sehr geehrter Herr Minister,

der jüngste Flugzeugabsturz in der Nähe von Maxdorf ist sehr intensiv auch bei uns im Vorstand diskutiert worden. Wir sind unverändert der Ansicht, daß sowohl Tiefflüge im Ballungszentrum Ludwigshafen/Mannheim und über der BASF wie aber auch Luftkampfübungen in der Umgebung eine unverantwortliche, aber auch vermeidbare Gefährdung bedeuten.

Wir haben in dieser Sache in den letzten Jahren einen sehr unergiebigen und unerfreulichen Briefwechsel auch mit dem Verteidigungsministerium geführt. Die letzte Antwort aus Ihrem Hause auf Vorschläge der BASF stammt vom 17.August 1989 und ist von Herrn Staatssekretär Wimmer unterzeichnet. Unter anderem wird dort angeregt, „eine Härtung bestimmter Objekte gegen Flugzeugabstürze aller Art dann in die Überlegungen einzubeziehen, wenn das Betreiberrisiko als zu hoch angesehen wird“. Ich habe selten eine so wirklichkeitsfremde Aussage gelesen und war besonders enttäuscht über einen solchen Vorschlag, weil ich unserem Schreiben sogar noch eine Luftaufnahme der BASF in Ludwigshafen beigelegt hatte, welche die Größe und Komplexität unseres Werkes deutlich erkennen läßt.

Der jüngste Unfall hat in der Bevölkerung und bei unseren Mitarbeitern mit Recht eine erhebliche Unruhe ausgelöst. Einen Situationsbericht, in dem auch Herr Oberbürgermeister Dr. Ludwig und unser bisheriger Briefwechsel zitiert werden, finden Sie in beiliegenden Fotokopien aus dem Mannheimer 'Morgen‘ und der 'Rheinpfalz‘.

Wir wären Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie - auch in Gesprächen mit den Alliierten - eine Besserung des bisherigen Zustandes erreichen könnten. Denn beim jetzigen Unfall haben wir schlicht und einfach noch einmal riesiges Glück gehabt.

Wir setzen alles daran, unsere Anlagen so sicher wie möglich zu bauen. Wir haben auch eine hervorragende Feuerwehr. Aber gegen Ereignisse wie jetzt in Maxdorf sind wir, wenn sie unser Werk treffen, machtlos und können auch keine technischen Maßnahmen dagegen ergreifen.

Ich hoffe daher sehr, daß Sie sich dieses Problems mit hoher Priorität annehmen und möglichst bald eine für die Bevölkerung und unsere Aniliner befriedigende Lösung finden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Dr.-Ing. Detlef Dibbern

22.Dezember 1989