BASF und Bürger über Tiefflüge besorgt

Mahnwachen in der pfälzischen Verbandsgemeinde Maxdorf, zehn Kilometer vom BASF-Gelände entfernt / BASF-Vorstandsmitglied Dibbern beschwert sich bei Verteidigungsminister Stoltenberg / Der US-Jetcrash hat in der Gemeinde tiefe Narben hinterlassen  ■  Von Joachim Weidemann

Mainz/Maxdorf (taz) - Im pfälzischen Maxdorf stehen jeden dritten Montag im Monat die Mahnwachen vor dem Großmarkt. Die Maxdorfer erinnern damit an jenen düsteren 18.Dezember, als die Trümmer zweier US-Militärjets auf die Verbandsgemeinde prasselten. Die Spuren sind noch zu sehen: zerborstene Glasscheiben der Lagerhalle des Gemüsemarkts, auf den ein Triebwerk stürzte; Löcher klaffen im Asphalt. Die Sanierung läuft.

Die Narben bleiben. Die 8.000-Seelen-Gemeinde ist nicht länger gewillt, „Tiefflüge oder andere militärische Überflieger“ über sich zu dulden. Pfälzer Militärfluggegner fordern in Resolutionen den sofortigen und endgültigen Stopp der waghalsigen Luftmanöver. „Wissen Sie“, meint Maxdorfs Polizeichef Schroth, „wir leben hier in einem Gebiet, das durch sehr starken Flugverkehr belastet ist.“ Das Unglück vom Dezember und die Nähe zur BASF „schlägt sich derzeit ganz schön in der Stimmung hier nieder“. Maxdorf, die Pfalz und die Bundesrepublik entgingen an jenem Dezembertag nur um Haaresbreite dem Inferno. Schroth: „Die BASF liegt von uns nur zehn Kilometer Luftlinie entfernt.“ Eine Tatsache, die die Maxdorfer erschaudern läßt - und auch die BASF-Chefetage das Gruseln lehrte. Für BASF-Vorstandsmitglied Detlef Dibbern Grund genug, Verteidigungsminister Stoltenberg in seinem Brief gehörig die Leviten zu lesen: „Wir sind unverändert der Ansicht, daß Tiefflüge im Ballungszentrum Ludwigshafen/Mannheim und über der BASF sowie Luftkampfübungen in der Umgebung eine unverantwortliche aber vermeidbare Gefährung bedeuten.“ Und weiter: „Wir wären Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie - auch in Gesprächen mit den Alliierten - eine Besserung des bisherigen Zustandes erreichen könnten.“

Ein Wunder, daß beim Absturz „nur“ einer der Piloten der F -16-Maschinen umkam. Die F-16, die aus Hahn kam, war mit einer zweiten Maschine gleichen Typs wenige Flugsekunden vom Chemieballungszentrum kollidiert. Der Pilot eines dritten Militärjets, einer F-15 aus Bitburg, kam ungeschoren davon. Die Angaben über die Flughöhe widersprechen sich: Die Landesregierung spricht von 4.500 Metern, die US Air Force von nur 3.000 Metern. An Bord der zusammengeprallten US-Jets befanden sich offiziellen Angaben zufolge je 510 Schuß Übungsmunition. Sie explodierte zum Teil in der Maxdorfer Gemüsemarkthalle. Erst im nachhinein wurde bekannt, daß jede der F-16 ferner mit einer Übungsrakete bestückt war - mit elektronischer Zielleitungseinrichtung, aber „ohne Gefechtskopf und Treibsatz“. Überdies fanden die Bergungstrupps zwei lecke Treibstofftanks mit giftigem Hydrazin. 80 Kubikmeter verseuchten Erdreiches mußten abgetragen werden.

Als Unfallursache gaben die Amerikaner bisher intern „menschliches Versagen“ an. Vorsichtshalber versprachen sie jedoch, Übungsflüge mit der F-16 vorläufig einzustellen. Den Mahnwächtern von Maxdorf reicht dies nicht. Sie treffen sich weiter - wenn's sein muß bis zur Bundestagswahl im Dezember.