Aldi bald am Alexanderplatz?

■ Westliche Kaufhausketten suchen offenbar Verkaufsflächen in Ost-Konsumtempeln / Hertie spricht mit Centrum, die HO-Organisation mit dem Otto-Versand / Hertie und Karstadt dementieren Beteiligungspläne, aber Ostberliner VerkäuferInnen werden schon nervös

Die 1.800 Beschäftigten des Centrum-Warenhauses am Alex sind unruhig. Gerüchte machen die Runde, ein westliches Kaufhaus wolle Ladenflächen einkaufen. Hintergrund der Ängste: Die zweite Etage des Warenhauses wird zur Zeit mit dem Ziel umgebaut, dort Westwaren zu verkaufen. Auch Klaus Jahns, Vorsitzender der Betriebsgewerkschaftsleitung im „Kaufhaus des Ostens“, wurde nervös. „Die Leute von Wertheim und Quelle laufen doch hier schon rum, und wir wissen von nichts.“ Gewerkschafter Jahns machte sich auf den Weg in den Westen, um selber Genaueres herauszufinden. Es ging ihm so, wie es fast allen Gewerkschaftern aus dem Osten geht, die hier auf eigene Faust die Zukunft recherchieren wollen: Nichts Genaues erfuhr er nicht. Dementis überall.Ganz überzeugend sind diese aber nicht. Die 'Berliner Zeitung‘ fand heraus, daß das Centrum am Alex „sich in Gedankenaustausch“ mit Karstadt befindet, konkrete Vorhaben oder verbindliche Absprachen aber noch nicht getroffen worden seien. Auch die Centrum-Fiale am Hauptbahnhof führt „Arbeitsgespräche“, und zwar mit Hertie. Hier gehe es vorrangig um den Erfahrungsaustausch, sagte ein Centrum -Manager zur taz. Konkretes gebe es noch nicht, aber, so rückt der Ost-Manager schließlich heraus, Hertie -Verkaufsabteilungen könne man sich für die Zukunft „durchaus vorstellen“.

Der Direktor der HO-Industriewaren, Meier, hat ebenfalls die Fühler ausgestreckt, mit dem Otto-Versand stehe man im Briefwechsel. Die Miederwarenfirmen Triumpf und Schießer waren auch schon da, sie haben die Neuausgestaltung von HO -Läden angeboten.

Noch schweigsamer als die Betriebsleitungen im Osten sind die Geschäftsleitungen im Westen. Hertie und Karstadt dementierten gegenüber der taz forsch und entschieden jegliche Beteiligungsdiskussionen, „das ist im Moment überhaupt kein Thema“. Ein Schlupfloch wollten sie sich aber nicht ganz verbauen. „Irgendwann wird das sicher auf den Tisch kommen, die Gründerhäuser entstanden doch alle im Osten.“ Manfred Müller, Landesbezirksvorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, ist überzeugt davon, daß es schon bald zu Kauf- und Lieferabsprachen kommen wird. Ihm seien Hinweise zu Ohren gekommen, daß Kaiser's Kaffee und Aldi in Ostkaufhäusern auf eigenen Verkaufsflächen Getränke und andere für DDR-Bürger attraktive Lebensmittel zu einem Umrechnungskurs von 3:1 anbieten wollen. Beide Ladenketten waren zu einer Stellungnahme nicht zu bewegen. Ein ungenannt bleiben wollendes Betriebsratsmitglied von Kaiser's hingegen bestätigt, es gebe schon detaillierte Kostenrechnungen mit Kaiser's-Zulieferern: „Westschokolade könnte es schon bald für 1.50 Ost bei HO geben.“

Am auskunftsfreudigsten ist der Stadtrat für Handel und Versorgung beim Ostberliner Magistrat Peter Schkölzinger: Es gibt keine Beschränkungen, selbstverständlich können bis zu Vertragsentwürfen Verhandlungen geführt werden, es soll nicht nur um das Vermieten von Verkaufsraumflächen gehen, sondern überhaupt um eine echte Zusammenarbeit mit Gewinn für beide Partner. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen hingegen, die westlichen Händlern ermöglichen, mit in der DDR erzielten Gewinnen zu wirtschaften, müssen allerdings von der Regierung erst verabschiedet werden.

ak