DDR revidiert 49-Prozent-Regel

■ Auslandsmehrheiten an DDR-Betrieben werden „in Ausnahmefällen“ zulässig

Bonn (dpa/taz) - Der Ort war symbolisch gewählt. Ausgerechnet in Bonn verkündete DDR-Wirtschaftsministerin Luft, ausländische Klein- und mittelständische Betriebe der Industrie sowie Unternehmen, die „vorzügliches“ technologisches Know-how in die DDR einbringen, könnten sich künftig mehrheitlich an Gemeinschaftsunternehmen mit DDR -Betrieben beteiligen. Wieder einmal hat die Regierung Modrow eingelenkt und frühere Absichtsbekundungen revidiert. Die noch im Joint-venture-Entwurf vorgesehene Regel einer maximalen 49-Prozent-Beteiligung dürfte bald zur Ausnahme werden. Bundeswirtschaftsminister Haussmann, bei dem Frau Luft zu Besuch weilte, hat die Nachricht mit Freude vernommen. „Der deutsch-deutsche Wirtschaftsalltag hat begonnen“, kommentierte er und verwies auf die großen Chancen, die mit den Kooperationsmöglichkeiten verbunden seien. Dieser Alltag dürfte sich allerdings für die DDR -Seite weniger hoffnungsvoll als für das bundesdeutsche Kapital darstellen. Zu erwarten ist nämlich, daß Mehrheitsbeteiligungen insbesondere mit ökonomisch rentablen oder modernisierungsfähigen DDR-Unternehmen abgeschlossen werden, während die große Zahl der maroden Betriebe von dieser Kooperation ausgeschlossen bleibt.

Eine Expertengruppe soll sich bis zum 25. Januar gründen, um die Ausnahmeanträge zu prüfen und zu genehmigen. Das Genehmigungsverfahren soll möglichst einfach und unbürokratisch sein. Zur Teilnahme an joint ventures werden künftig auch juristische Personen eingeladen; Gewerbe- und Niederlassungsfreiheit soll eingeführt werden. Je eine deutsch-deutsche Expertengruppe wird sofort mit der Ausarbeitung des bilateralen Investitionsschutzabkommens beginnen sowie Möglichkeiten für DDR-Existenzgründer abklopfen, in den Genuß von Mitteln aus den ERP-Kreditfonds zu kommen. Die Welle der „neuen Selbständigkeit“ kann auch in der DDR anrollen.

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