Die Zukunft nach Röntgen

■ St. Jürgen kriegt neuen Chefarzt und Kernspintomographie: Diagnosen strahlenlos

Er sieht nicht besonders chefärztlich aus, wenn es so etwas gibt, eher verschmitzt, kollegial-freundlich, und er trägt einen kurzen Vollbart. Der Neue, das ist Dr. Burckard Terwey, 45 Jahre, seit dem ersten Januar Chefarzt in der St. -Jürgen-Klinik und der Mann, der für die neue 6,1-Millionen -Investition in der Radiologie verantwortlich ist: ein Gerät zur „Kernspintomographie“. Die kann in vielen Fällen die gesundheitsbelastenden Diagnose-Verfahren Röntgen oder Computer-Tomographie mit radioaktiven Kontrastmitteln ersetzen, oft überhaupt erst eine exakte Diagnose ermöglichen. Der Kernspintomograph macht mit einem Magnet -Resonanzverfahren Schnittbilder aller Körperzonen, auf Wunsch dreidimensional, zeigt Bilder beliebig wählbarer Ebenen. Keine Strahlen, keine radioaktiven Stoffe, keine jodhaltigen Kontrastmittel werden benutzt; Nebenwirkungen sind bisher nicht bekannt. Nur PatientInnen mit Herzschrittmachern oder Metall im Körper müssen vorsichtig sein. Kleinste Tumore können rechtzeitig sichtbar ge

macht und die Operation geplant werden, Multiple Sklereose ist diagnostizier-oder ausschließbar, Tumore im Beckenraum und selbst das schlagende Herz zeigen sich auf dem Gerät von allen Seiten.

Das begehrte Instrument gibt es in Bremen nur noch einmal in einer privaten Röntgen-Praxis. Das neue High-Tech -Diagnosegerät soll von allen Bremer Krankenhäusern und auch von niedergelassenen ÄrztInnen genutzt werden können, sobald es im Spätsommer installiert ist.

Gestern führte Gesundheitssenatorin Dr. Vera Rüdiger den Neuen Dr. Terwey in sein eigens neu geschaffenes Amt ein; ein eigener medizinischer Bereich in der Radiologie wurde fürs Gerät und ihn geschaffen. Es gab heftige Standort -Kämpfe im Vorfeld und Unzufriedenheit bei dem geschäftsführenden Radiologie-Chefkollegen Prof. Jürgen Freyschmidt, der die neue 6,1-Mio.-Investition (5 fürs Gerät, 1,1 für den Bau) samt künftigem Lorbeer auch gern in seiner Abteilung gesehen hätte.

Wer zwischen den Zeilen hö

ren wollte, konnte das gestern tun in den Einführungs-Reden. „Mangelnde Kooperationsbe

reitschaft kann schwere Folgen haben“, mahnte Rüdiger den Neuen und mutmaßlich noch mehr die Alten und wünschte zum Schluß noch einmal das, was Dr. Terwey am dringendsten zu brauchen scheint: „Erfolg und Geschick in der Kooperation mit allen Beteiligten“. Ein dickes Fell werde er brauchen und bestimmt Auseinandersetzungen durchzustehen haben, prophezeihte die Personalrätin, und der Ärztliche Direktor forderte den neuen Kollegen freundschaftlich-ultimativ auf, spätestens zum Abitur seiner Kinder von Oldenburg nach Bremen zu ziehen und richtiger Bremer zu werden. Terwey bedankte sich und nahm's gelassen: „Komplizierte Technologie bedeutet nicht die Abwendung vom ganzen Menschen, sondern Zeitgewinn gerade für die Zuwendung zum Kranken.“ Und er jedenfalls wünsche sich, „jeden Morgen neugierig und voller Freude auf die gemeinsame Arbeit in die Klinik zu gehen“.

Susanne Paa