TFH-Regent vor der Wiederwahl

■ Der langjährige TFH-Präsident Jürgen Tippe wird vermutlich nächste Woche wiedergewählt / StudentInnen wollen Wechsel an der TFH-Spitze / Die Ausstattung der Hochschule ist desolat / Personalstand von 1981

An der Technischen Fachhochschule wird am kommenden Montag der Präsident für vier Jahre gewählt, und dieser wird, wie seit nunmehr 19 Jahren, wahrscheinlich wieder Jürgen Tippe heißen. Zwar hat der Akademische Senat der TFH bei Tippes Nominierung auf die sonst übliche Absicherung seiner Wahl durch Zählkandidaten verzichtet - gegen den TFH-Regenten treten die Juristen Brigitte Kunath aus Saarbrücken und der TFH-Professor Rudolf Baierl an. Aber dennoch steht Tippes Wiederwahl nichts im Wege. Eine Tippe-Opposition ist unter den Professoren bislang jedenfalls nicht auszumachen.

In der Luxemburger Straße werden daher die Siegeschancen für den Genscher der Berliner Hochschulpolitik mit 9:1 gehandelt. „Seine Position in der TFH ist so fest, daß er eine satte Mehrheit bekommen wird“, sagt Jürgen Krüll, studentisches Mitglied im Akademischen Senat und Studentenparlamentarier. Nach Tippes eigenem Bekunden unterstützen ihn angeblich insgesamt elf der 14 Fachbereiche an der TFH.

Der AStA favorisiert die wohl chancenlose Brigitte Kunath, weil sie sich für eine stärkere Zusammenarbeit innerhalb der TFH stark macht. Tippe dagegen wären der TFH-AStA und die meisten der übrigen StudentInnen liebend gerne los. „Nur noch die Juso-Hochschulgruppe will Tippe halten“, weiß Jürgen Krüll zu berichten. Die studentischen Tippe-Gegner sind wie Professor Baierl der Meinung, daß ein Wechsel an der TFH-Spitze allein aus demokratischen Grundsätzen dringend nötig wäre.

Sie werfen Tippe weiterhin vor, allzu selbstherrlich seine Amtsgeschäfte zu führen. Entscheidungen würde er meist weder im Akademischen Senat noch im Präsidium und mit der Studentenschaft erst recht nicht absprechen. Jürgen Krüll berichtet, daß Tippe beispielsweise erst vor wenigen Wochen ohne vorherige Absprache die Dekane aller Fachbereiche angewiesen hat, sie mögen angesichts des zu erwartenden Bewerberandrangs aus der DDR vorsorglich den Numerus clausus einführen. Für Tippe mag die Einführung des Nc die einzig verbleibende Konsequenz des Personalmangels an der TFH sein. Für Jürgen Krüll liefe eine solche Regelung aber „diametral zu unseren Streikforderungen“. Die Ausstattungsprobleme der TFH sind fürwahr seit Jahren gravierend. Der Personalstand bei heute 7.000 StudentInnen entspricht dem von 1981, als an der TFH noch 2.500 StudentInnen eingeschrieben waren. Seit über 15 Jahren kämpft die TFH für eine Zentralbibliothek auf ihrem Campus.

Und für die beiden neu eingerichteten Studiengänge Medizinisch-Physikalische Technik und Biotechnologie wurden im sogenannten Forum Seestraße zwar auch neue Labors eingerichtet, aber bis jetzt fehlen die vom Senat für 1990 zugesagten Personalstellen. Tippe werfen die StudentInnen vor, er verhandle mit der Senatorin allzu eigenmächtig über die Ausstattungsprobleme und verschiebe innerhalb der TFH die Gelder so, wie er es für richtig halte.

Besonders übel aber nehmen die StudentInnen Tippe, daß er ihnen zu schnell mit der Polizei kommt. Im Dezember 1988, während des Hochschulstreiks, forderte Tippe beispielsweise mehrfach Polizeischutz für Lehrveranstaltungen an und plädierte für Räumung. Pikanterweise hielt ihn ausgerechnet Law-and-order-Mann Wilhelm Kewenig davon ab. Die StudentInnen fordern einen personellen Neuanfang an der TFH, der aller Voraussicht nach nicht eintreten wird. Tippe selbst hält sich allerdings für unersetzbar. Jüngst schrieb er in einem Brief an die Wissenschaftssenatorin: „Gäbe es einen potenten Kandidaten, ich würde das Amt leichten Herzens übergeben. Es ist jedoch kein solcher in Sicht, weder von innen noch von außen.“

Thomas Werres