Stoltenberg auf Isolationskurs

Zum Rausschmiß von Admiral Schmähling  ■ G A S T K O M M E N T A R

Elmar Schmähling führt seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand auf eine Panikreaktion Stoltenbergs zurück, weil im März ein Buch des unbequemen Strategen erscheinen wird.

Bonner Intimkenner sprechen von einer längst überfälligen Entlassung. Intellektuelle Potenzen waren stets Fremdkörper im bundesdeutschen Armee-Imperium. Wo Wörner seinen Kießling schmiß, konnte Stolti seinen Schmähling nicht länger ertragen. Die Armee mußte hart an die Kandarre genommen werden. Entlassungsängste sollen ihre Offiziere peinigen, damit sie nicht, Schmähling nachfolgend, Denkfähigkeit demonstrieren.

Nato-Dauerauftrag und Bonner Gewohnheitsrecht gaukeln nach wie vor östliche Überlegenheit vor, auch wenn davon der Stahlhelm qualmt.

Der Ostblock ist entblockt. Ungarn und CSSR verhandeln ihre letzten Sowjetarmee-Soldaten weg. Ihre nationalen Armeen sind, alleingelassen, Petitessen. In Polen unterhält Moskau noch Logistik-Verbände. Die nationale Armee Warschaus ist mit 300.000 Mann zwar stark, doch infolge wirtschaftlicher Krise waffenarm. Außerdem erklärlicherweise nicht angriffsfähig.

Bleiben die 380.000 Sowjetsoldaten in der DDR. Ihnen steht fast eine Million bestens gerüsteter Soldaten in der BRD gegenüber. Statt einer roten Angriffsübermacht von 3:1 stehen 1:2,5. Wer wollte da angreifen? Abgesehen davon, daß die Sowjetunion kaum noch ihre Staatsgebiete zusammenhalten kann.

Bleibt die Volksarmee der DDR. Sie ist heute die beste deutsche Armee, die es je gab. Normalstärke: 170.000. Jetziger stand: 150.000. Davon leistet fast jeder dritte in der krisengeschüttelten Wirtschaft vernünftige Arbeit. Der verbleibende Rest setzte per Streik den Wehrdienst auf zwölf Monate herab und gab sich Soldatenräte, die den ganzen militärischen Schmarrn der abstimmenden Räte-Vernunft unterziehen. Der Krieg findet gegen den Willen der DDR -Soldaten nicht mehr statt.

Bevor die grassierende Vernunft westwärts ansteckt, statuiert Stoltenberg mit der Entlassung des Abrüstungsrealisten Schmähling ein Exempel. Da aber soviel Deutsches vereinigt werden soll und die BRD der DDR mächtig helfen will, kann hier umgekehrt die DDR-Volksarmee der Bundeswehr entwaffnungsbrüderlich helfen: Schafft viele, viele Soldatenräte auch beim Bund, setzt die Dienstzeit herab und leistet in der Wirtschaft nützliche Arbeit, auf daß Stoltenberg vor lauter Arbeitslosigkeit Schmählings Buch lesen muß, und sei es in Blindenschrift.

Gerhard Zwerenz