Kein Bleiberecht - Roma-Marsch geht weiter

■ „Bettelmarsch“ der von der Ausweisung bedrohten Roma in Nordrhein-Westfalen wird am Montag fortgesetzt / 1.500 sind derzeit im Düsseldorfer Kunstpalast / Sie wollen solange von Stadt zu Stadt zu ziehen, bis die Landesregierung über ein Bleiberecht entschieden hat

Essen (taz) - Die Roma, die am Samstag vor einer Woche den Kölner Dom besetzt hatten, wollen ihren „Bettelmarsch“ durch Nordhein-Westfalen am kommenden Montag fortsetzen. Das erklärten Rudko Kawszynski von der 'Rom und Cinti Union‘ und Harald Schopper, Krefelder Roma-Vertreter, am Dienstag abend. Sie einigten sich mit der Stadt Düsseldorf darauf, daß die Roma bis zum Montag im Kunstpalast, einem Museum im Ehrenhof-Komplex, verbleiben können. Ein drohender Polizeieinsatz, durch den die Roma gezwungen worden wären, in ihre Herkunftsstädte innerhalb Nordrhein-Westfalens zurückzukehren, ist damit verhindert worden. Die Roma kämpfen für ein Bleiberecht und gegen die Aufhebung des Abschiebestopps durch die NRW-Landesregierung am 12.Dezember des vergangenen Jahres.

Inzwischen wohnen etwa 1.500 Roma aus verschiedenen nordrhein-westfälischen Städten im Kunstpalast am Düsseldorfer Rheinufer. Täglich kommen neue Familien hinzu. In vier riesigen Hallen haben sie ihre Decken entlang der Wände ausgelegt. Die Bedingungen sind schlecht: Es fehlt vor allem an Waschgelegenheiten, frischer Luft, Spielmöglichkeiten für Kinder und Platz zum Ausruhen.

Erst am Dienstag abend, nachdem bekannt war, daß die Roma, so Ordnungsdezernent Bernd Abetz, „nur Gäste in unserer Stadt sind“, sorgten die Düsseldorfer Behörden für eine Lieferung von 400 Luftmatratzen.

Die Nächte zuvor hatten die meisten Leute, die seit Donnerstag in den Hallen leben, auf dem Boden geschlafen. Noch immer sind viele Menschen krank, ein Notarzt vom Düsseldorfer Gesundheitsamt führte mit seinem Team 800 medizische Behandlungen durch. Für Essen sorgt das Sozialamt.

Während Dezernent Abetz erklärte, die Düsseldorfer Verwaltung sei „durch den Roma-Marsch sensibilisiert“ und werde vorläufig keine Roma abschieben, versuchte die Stadt Gelsenkirchen am vergangenen Wochenende, drei Familien mit insgesamt 15 Mitgliedern nach Jugoslawien auszuweisen. Da die als AsylbewerberInnen rechtskräftig abgelehnten Roma nicht zu finden waren, wird jetzt bundesweit nach ihnen gefahndet.

In Hagen steht die Abschiebung von elf Roma, darunter fünf Kinder, bevor. Aus Duisburg berichtete ein Pfarrer, daß inzwischen acht Roma unmittelbar von der Ausweisung bedroht sind. Eine aufschiebende Wirkung auf die geplante Abschiebung haben nur noch Petitionsverfahren.

Unterstützt werden die Roma in ihrer Forderung nach einem Bleiberecht von der evangelischen Landeskirche, den Grünen und den Flüchtlingsräten und 'pro asyl‘. Nachdem bisher vor allem Einzelpersonen, in der Mehrzahl Frauen und Pfarrer, den Roma im Kunstpalast praktische Hilfe leisteten, beginnen sich inzwischen auch die Wohlfahrtsverbände für deren Situation zu interessieren. Am Mittwoch ließ der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände, Prälat Berghaus aus Essen, Hilfsgüter zusammenstellen. Nachdem er die Hallen persönlich besichtigt hatte, setzte er sich bei Rau und Schnoor persönlich für ein Bleiberecht ein.

Vermutlich wird der Roma-Marsch nach Krefeld oder Duisburg weitergehen. Entschlossen seien sie jedenfalls, so Rudko Kawszynski, „solange von Stadt zu Stadt zu ziehen, bis die Landesregierung sich eindeutig recht entschieden hat“.

Bettina Markmeyer