Ohne Grund in Abschiebehaft

■ Palästinenserin wurde vier Tage im Abschiebeknast festgehalten / Staatssekretär Borrmann zu mild gegenüber seiner Behörde / Keine Entschuldigung bei der Frau

Es sollte eigentlich nur eine Formalie sein. Wissama Saleh I., Palästinenserin aus dem Libanon, wollte eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, die ihr laut Flüchtlingsweisung zusteht. Vor dem Gang zur Ausländerbehörde klopfte sie am 11.Januar pflichtgemäß beim Polizeirevier an, um sich anzumelden. Eine Paßkopie (ihr Paß war ihr gestohlen worden), ihre Heiratsurkunde, ein Schreiben ihres Anwalts sowie ihr Mann und ihr Schwager sollten den Beamten bestätigen, daß Wissama Saleh I. auch tatsächlich Wissama Saleh I. ist.

Aber es kommt alles ganz anders. Auf der Meldestelle wird Wissama Saleh I. zur Feststellung ihrer Identität festgenommen und in die Abschiebehaftanstalt Kruppstraße transportiert. Obwohl der Anwalt umgehend die Innenverwaltung informiert, bleibt deren Intervention bei der Ausländerbehörde offenbar folgenlos. Dort hat man bereits die Ärmel hochgekrempelt und einen Haftantrag formuliert. Die Mühe wird belohnt, der zuständige Richter ordnet einen Tag später, damit alles seine Richtigkeit hat, „die einstweilige Freiheitsentziehung“ an. Der habe sich da „wohl nicht allzu viele Gedanken gemacht“, räumt Staatssekretär Borrmann von der Innenverwaltung ein, als er einige Tage später im Ausländerausschuß dazu befragt wird.

Da der 12. Januar ein Freitag ist, und die Ausländerbehörde am Wochenende niemandes Identität feststellt, verbringt Wissama Saleh I. auch Samstag und Sonntag in Abschiebehaft. Am Montag schließlich wird die junge Frau entlassen. Allerdings erst, nachdem ihr Rechtsanwalt darauf hingewiesen hatte, daß die Paßkopie bei der Meldestelle lag.

Vier Tage Abschiebehaft findet auch der Staatssekretär „reichlich viel“, fühlt sich jedoch bemüßigt, darauf hinzuweisen, daß eine Festnahme zur Feststellung der Identität möglich sei. Dann nämlich, wenn „eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Verzuge“ sei. Die Entlassung hätte schon Freitag erfolgen müssen, sagt er, die Festnahme als solche stellt er nicht in Frage. Einen Bericht „über den genauen Vorgang und die rechtlichen Aspekte“ verspricht er. Kein Wort des Bedauerns oder gar der Entschuldigung gegenüber Wissama Saleh I.

anb