Rostocker Zeitungen

■ Wem sie gehören, was sie drucken

Alle Rostocker Zeitungen gehören der SED oder ihren Blockparteien, werden von diesen subventioniert, kosten 15 Alupfennig: die „Ostseezeitung“ der Bezirks-SED, die „Nordeutschen Neuesten Nachrichten“ (NNN) der NDPD, „Der Demokrat“ der CDU. Ihre Auflage richtet sich nicht nach dem Leserinteresse, sondern nach dem Papier-Kontingent, das ihnen die SED-eigene Bezirks-Zentrale zuteilt, der Ostsee -Zeitung für 75.000, der NNN 40.000, neuerdings 45.000 und bald wohl 50.000. Die Ostsee-Zeitung ist am Bahnhofskiosk abends noch zu haben, NNN schon vormittags oft nicht. Knochentrockene Bleiwüsten voller Meldungen von der einzigen Nachrichtenagentur ADN und ihrer Rostocker Filiale und mit Fotos vom gleichen Fotografen.

4. Januar 90: Die „OZ“ macht auf mit dem „Massenprotest gegen Neonazismus“ in Treptow, der „machtvollen Manifestation“ bei der Gregor Gysi zur zur Einheitsfront gegen rechts aufrief. Daneben der Leserbrief einer „Mutter von zwei kleinen Kindern, die eine gesicherte Zukunft haben sollen“, die beunruhigt über die neonazistischen Tendenzen die Verdienste der Stasi für deren Bekämpfung würdigt und fragt: „Läuft nicht jeder Tag ohne einen Verfassungsschutz gegen uns?“

NNN macht „Einheit gegen rechts“ kleiner und ohne Bild, druckt darunter die Treptower Rede des NDPD-Vorsitzenden Günther Hartmann im Wortlaut, auf die nächste Seite aber einen Leserbrief, der gegen die „Ausgleichszahlungen“ für die Stasis in der Produktion Stellung nimmt und nach den dafür Verantwortlichen fragt.

Die Berichte beider Zeitungen über den Rostocker-Stasi -Untersuchungsausschuß erwähnen nicht einen einzigen Namen der Untersuchungsausschußmitglieder. Die Nachricht, daß der „Runde Tisch der Stadt Rostock“ fordert, daß keine Stasimitarbeiter und keine Stasi-Gebäude für ein eventuelles Verfassungschutzamt verwendet werden sollen, fehlt.

U.S.