Der Vorhang bleibt unten

■ Berliner Theaterleute kritisieren Eintrittskartenpreise für DDR-Besucher / „DDR-Bürger werden ausgegrenzt“ / Auch Vorverkauf ist nicht möglich

Mehrere Intendanten Berliner Bühnen protestierten gestern gegen die seit kurzem geltende Eintrittskartenregelung an ihren Häusern für DDR-Besucher. Sie müssen nach einem Senatsbeschluß seit Anfang des Jahres 50 Prozent der Eintrittskartenpreise in D-Mark bezahlen, was angesichts der im Westen üblichen relativ hohen Eintrittspreise für DDR -Bürger eine „Finanzmauer“ bedeute, wie Jürgen Schitthelm von der Schaubühne am Lehniner Platz sagte.

Auf einer Pressekonferenz der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wies Schitthelm zudem darauf hin, daß die jetzige Regelung vorschreibe, daß DDR-Besucher keine Karten im Vorverkauf erwerben könnten und nur an dem jeweiligen Abend die nicht mehr verkauften Karten erhalten dürften. „Dies bedeutet von vornherein, DDR-Bürger weitestgehend vom Theaterbesuch bei uns auszuschließen“, sagte Schitthelm.

Der Regisseur Alexander Lang, der früher am Deutschen Theater in Ost-Berlin arbeitete und mit Beginn der neuen Spielzeit 1990/91 im Leitungsteam der Staatlichen Schauspielbühnen Berlins im Westteil der Stadt in der Nachfolge von Heribert Sasse tätig sein wird, wies auf die „emotionale Seite“ der Angelegenheit hin, da es für viele DDR-Theaterfans, die sich auf die neue Möglichkeit eines Theaterbesuches im Westen gefreut hätten, eine „ungeheure Enttäuschung“ sei. „Wir werden eine Kulturlandschaft Berlin bekommen, endlich mit Hinterland und sogar ein europäisches Kulturzentrum werden, das noch mehr internationale Gastspiele anbieten kann, und wieder werden Menschen von einer kulturellen Entwicklung ausgegrenzt.“

Gerd Hunger, der als Sprecher der Berliner Freien Theatergruppen auftrat, wies darauf hin, daß diese Theater vorwiegend von DDR-Studenten besucht würden, „die auch für DDR-Verhältnisse das wenigste Geld haben“. Viele Freie Gruppen würden sie daher nach wie vor zu Sonderkonditionen hereinlassen, was kein Dauerzustand sein könne.

dpa