Müllstopp? „Sofort!“

■ Potsdamer Behörden fordern Giftmüllstopp / Internes Papier belegt schwere Grudwasserverseuchung

„Die Deponie Vorketzin kontaminiert in hohem Maße die anliegenden Grund- und Oberflächenwässer.“ Das ist der Kernsatz einer siebenseitigen „Einschätzung der wasserwirtschaftlichen Situation am Deponiestandort“, die offensichtlich in der Staatlichen Gewässeraufsicht Potsdam entstanden ist und die jetzt der taz zugespielt wurde.

Die giftigen Sickerwässer der Deponie rinnen demnach in das Grundwasser, seit die Kippe 1977 erstmals beschickt wurde: „Durch das gewählte Deponieverfahren ohne Basisabdichtung und Sickerwasserfassung dringen giftige Sickerwässer und Flüssiganteile industrieller Schadstoffe ungehindert unmittelbar am Standort durch den Deponiekörper bis in den Hauptgrundwasserleiter ein. Deutlicher Beweis hierfür sind der enorme Anstieg der Salzbelastung und organischen Parameter sowie der Nachweis von Phenol und Schwermetallen in den Unterstrompegeln der Reihe 4 am Westrand der Deponie.“

Simmen die Messungen der DDR-Behörden, dann ist das Ketziner Grundwasser unweit privater Trinkwasserbrunnen in seiner Giftigkeit vergleichbar mit unverdünnten Sickerwässern der Deponie Schönberg bei Lübeck. Die Werte liegen um das Mehrfache über den DDR-Grenzwerten für „sauberes Grundwasser“. Einige Werte in Milligramm pro Liter (in Klammern der Grenzwert): Ammonium 313 (0,5), Sulfate 2.579 (400), Chrom 0,5 (0,05), Zinn 80 (5), Blei 2,3 (0,05), Phenol 0,8 (0,005).

Die Bezirksumweltexperten haben aber nicht nur Daten zusammengetragen, sondern auch „gewässeraufsichtliche Forderungen“ aufgestellt. Sie stimmen größtenteils mit dem überein, was die DDR-Regierung nun zu erreichen suchte. Punkt eins des Maßnahmenkataloges, der offenbar Ende 1989 erstellt wurde: Ein „Ablagerungsstop“ für brennbare Sonderabfälle. Als „Termin“ empfiehlt das Papier: „Sofort“. Empfohlener Termin eines „Anlieferungsstopps“ für alle anderen Sonderabfälle: „1/90“.

hmt