Krimis: Black Lizard Bücher/"Tödliche Injektion" von Jim Nisbet/"Kein Glück in L.A." von Murray Sinclair/"Crime Anthologie" von Ed Gorman

So über den Daumen gepeilt erscheinen bei uns jedes Jahr ca. 500 neue Kriminalromane. Ungefähr 100 davon sind wirklich lesenswert. Alle großen Verlage und eine ganze Menge der klitzekleinen Bertelsmänner bringen heute eine Krimi-Reihe heraus. Krimis sind ein gutes Geschäft. Den kleinen Verlagen ist es vor allem zu verdanken, daß auch neue Autoren ihr blutiges Garn spinnen dürfen. In Berlin hat sich jetzt ein leidenschaftlicher Fan amerikanischer Krimiautoren ans Werk gemacht, um uns mit bisher hierzulande unbekannten Schreibern bekannt zu machen. Gerade 25 Jahre jung, hat Frank Nowatzki einen Verlag gegründet und mit den ersten drei Bänden seiner Black Lizard Bücher eine Krimi-Reihe gestartet, die schon jetzt zu dem besten zählt, was in Sachen literarisches Verbrechen auf den Ladentischen dieser Republik zu finden ist. Die Black Lizard Bücher sind dem „roman noir“ gewidmet. „Die Reihe versteht sich als Brücke innerhalb dieses Genres“ meint Nowatzki, sie „verbindet die klassischen Gangsterromane der Zeitgenossen von Chandler, Hammett und James M. Cain mit Sex-, Crime-, Slash- und Trashelementen der Autoren von heute“. Für Agatha Christie oder P. D. James Anbeter sind die Bücher also nicht zu empfehlen. Denn „im Gegensatz zu den üblichen heldenhaften Detektiv und Polizeifiguren werden hier hauptsächlich fatalistisch -amoralische Gestalten beschrieben, die bewußt oder unbewußt ihrem eigenen Untergang entgegentreiben“. In der Geschichte Tödliche Injektion erzählt Jim Nisbet von Dr. Franklin Royce, einem versoffenen Gefängnisarzt. Er muß die Hinrichtung eines jungen Schwarzen beaufsichtigen, was in ihm ein schreckliches Schuldgefühl auslöst, denn Dr. Royce ist von der Unschuld des auf staatliche Anordnung Getöteten überzeugt. Auf der Flucht vor seiner kaputten Ehe und seiner ruinierten Praxis zieht der Doktor los, um die Herkunft des exekutierten Sträflings zu erforschen. Seine ständigen Begleiter auf dieser Suche werden die Ex-Kumpane des Hingerichteten, ein bisexueller Psychopath und eine apathische, heroinabhängige Hure.

Murray Sinclairs Held in dem temporeichen Kein Glück in L.A. ist der nicht besonders erfolgreiche Pornoschriftsteller Ben Crandel. Der kommt in die Stadt der Engel, um mit seiner schmutzigen Arbeit im Filmgeschäft sein Geld zu verdienen. Nachdem seine Freundin Vicky sich geweigert hatte, in einem Sexfilm die Hauptrolle zu übernehmen, wird sie schwer mißhandelt und erschossen in ihrem Apartment gefunden. Die Cops von Beverly Hills verhaften Crandel. Aber er schafft es, auf Kaution frei zu kommen, und macht sich auf die Suche nach dem wirklichen Killer.

Mit der Crime Anthologie 1, herausgegeben von Ed Gorman, soll versucht werden, mit der Kombination von Kurzgeschichten „die Meister der Vergangenheit mit denen der Zukunft zu verbinden“. Der Versuch ist hervorragend geglückt. Jede der 20 Shortstories in diesem Band ist ein Leckerbissen. Klassiker wie Jim Thompson stehen neben den besten zeitgenössischen Autoren wie Loren D. Estleman, Bill Pronzini oder Max Allan Collins. Ich warte schon fieberhaft auf die Anthologie 2, in der es Geschichten von Charles Willeford, Donald Westlake und anderen Stars geben wird.

Karl Wegmann