SPD-Wahlkampfzeitung

■ Die Westgenossen finanzieren, geben Ratschläge und schwärmen von einem deutsch-deutschen Regierungschef

Bonn (afp/taz) - Die SPD der DDR hat nach Auffassung von SPD -Chef Hans-Jochen Vogel gute Aussichten, nach der Volkskammerwahl am 6.Mai zur stärksten politischen Kraft in der DDR zu werden. Mit einer SPD-West finanzierten Wahlkampfzeitung hofft die SPD-Ost jetzt ihrem Wahlziel näherzukommen. Gleichzeitig hält sich die West-SPD mit Ratschlägen an die kleine Schwester nicht zurück. Der Entschluß, nicht in die Regierung Modrow einzutreten, entspricht ebenso den Wünschen aus der Bonner Barracke wie die reservierte Haltung der Ost-SPD gegenüber ehemaligen SED -Genossen, die jetzt bei den Sozialdemokraten um eine neue politische Heimat nachsuchen.

Die zweite Sprecherin der DDR-SPD, Angelika Barbe gab am Wochenende die aktuellen Mitgliederzahlen bekannt. Ein knappes halbes Jahr nach ihrer Gründung habe die SPD etwa 30.000 Mitglieder.

In einer Auflage von einer Million Stück wurde nach Angaben der bundesdeutschen Sozialdemokraten am Wochenende in der DDR erstmals eine mit ihrer Unterstützung in der Bundesrepublik produzierte Zeitung der dortigen Schwesterpartei, das 'Extrablatt‘, verteilt. Die redaktionelle Verantwortung dafür liege beim Vorstandsmitglied der DDR-SPD, Stefan Finger, teilte der Bonner SPD-Sprecher Eduard Heußen mit. Die DDR-SPD müsse sich nun verstärkt um Mitglieder aus der Arbeiterschaft bemühen, sagte Frau Barbe. Auch Frauen seien noch nicht stark genug repräsentiert. Sie forderte in diesem Zusammenhang erneut eine Frauenquote in der Partei. Zugleich versicherte sie, daß die DDR-SPD gegen die bundesdeutschen Sozialdemokraten ob deren langjähriger Kontakte zur SED keinen Groll hege. Viele dieser Kontakte hätten zu einer Verbesserung der Bedingungen für die Menschen in der DDR geführt. Vogel kann sich nach eigenem Bekunden durchaus vorstellen, daß der erste Regierungschef eines vereinigten Deutschland ein Sozialdemokrat sein werde. Allerdings sei dies eine Frage, die weit in die Zukunft reiche, räumte er ein.