Frauenhaus abgebrannt

■ Die Bewohnerinnen eines in Lübeck besetzten Frauenhauses wurden mit Rauchvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert

Lübeck (taz) - Neun Kinder und vier Frauen wurden am Samstag von der Lübecker Feuerwehr mit dem Verdacht auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus gebracht. Ein Feuer in einem Nebengebäude des Hauses, in dem sie sich aufhielten, richtete erheblichen Sachschaden an.

Das Haus ist seit November letzten Jahres von Frauen und Kindern besetzt, die sich vor der heimischen Männergewalt in das autonome Frauenhaus geflüchtet hatten, dort aber wegen der drastischen Überfüllung kaum noch Platz gefunden hatten.

Noch vor Eintreffen der Löschzüge war es Passanten gelungen, die von Hitze und Qualm bedrängten Kinder und Frauen in Sicherheit zu bringen. Der Brandschaden wird von der Feuerwehr auf etwa 80.000 Mark geschätzt. Nach der Brandursache soll heute systematisch gesucht werden.

Die Besetzungsaktion hatte im vorigen Spätherbst stattgefunden, weil mißhandelte Frauen gemeinsam mit ihren Kindern zwar die psychische Unterstützung aus dem autonomen Frauenhaus erhielten, ihnen jedoch kein angemessener Wohnraum angeboten werden konnte. Mehrfach waren die städtischen Ämter auf die katastrophale Überbelegung des Frauenhauses aufmerksam gemacht worden. Im November hatte die Überfüllung einen derart kritischen Punkt erreicht, daß die Frauen zur Selbsthilfe griffen und ein leerstehendes Haus in der Lübecker Kanalstraße besetzten.

Erst danach fanden offizielle Gespräche mit VertreterInnen der Stadt statt, bei denen den die Bereitstellung von Wohnraum versprochen wurde - allerdings mittel- bis langfristig. Den Betreiberinnen des Frauenhauses wurden zwei Gebäude in der Innenstadt zur künftigen Nutzung angeboten. Das eine muß aber erst noch umgebaut werden, und das andere besteht zur Zeit lediglich aus einer Baulücke. Weiter sagte die Behörde zu, den wohnungssuchenden Frauen künftig eine „individuelle Dringlichkeit“ einzuräumen.

Jürgen Ötting