„Johannisthal ist unser Sorgenkind“

■ Ostberliner Wasserwirtschaftsdirektoren räumen Probleme mit Wasserwerk Johannisthal ein / Wasserwerksingenieur: „Trinkwasser ist sauber“

Mit Westberliner Hilfe wollen die Ostberliner Behörden die Grundwasserverseuchung im Einzugsgebiet des Wasserwerks Johannisthal in den Griff bekommen. „Johannisthal ist unser Sorgenkind“, räumte gestern der Direktor der Wasserwirtschaftsdirektion Eckart Clausnitzer in einem Gespräch mit der taz ein. Das Trinkwasser, das aus den Johannisthaler Brunnen gewonnen wird, sei jedoch sauber, versicherte Chefingenieur Reinhard Klemm vom VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung. Auch die Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation WHO, die demnächst auch in der DDR gültig werden sollen, seien bisher „nicht überschritten“ worden.

In unmittelbarer Nähe der Johannisthaler Trinkwasserbrunnen hatte das Ostberliner Institut für Wasserwirtschaft, wie berichtet, überhöhte Konzentrationen von Ammonium und organischen Stoffen ermittelt. Entlang einiger dem Teltowkanal benachbarten Brunnengalerien entdeckten die Wasserwirtschaftler sogar giftige polychlorierte Biphenyle (PCB) - in Konzentrationen, die um das Zwei- bis Dreifache über den WHO-Werten lagen.

Diese Brunnen, etwa 90 Meter vom Teltowkanal entfernt, würden jedoch nicht benutzt, seit sie im letzten Jahr neu gebohrt wurden, versicherte Klemm gestern. Eine ältere Galerie, die hier noch in Betrieb sei, liefere kaum noch Trinkwasser. An eine Schließung des Wasserwerkes - mit täglich 85.000 Kubikmetern Förderkapazität das viertgrößte der Hauptstadt - denken die Ostberliner Wasserwerker nicht. Eine „Kapazitätseinschränkung“ werde jedoch erwogen, räumte Ingenieur Klemm ein.

Die „Hauptquelle“ der Gifte, so Clausnitzer, sei offensichtlich der Teltowkanal, der an dieser Stelle die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin bildet. Aus ihm sickerten die Schadstoffe, das sei in Pumpversuchen jetzt bewiesen worden, in das Grundwasser. PCB und die Pestizide, die im Grundwasser gefunden wurden, stammen nach Ansicht der Ostberliner Wasserbehörde vor allem von dem Pharmawerk des „VEB Berlin-Chemie“. Die Berlin-Chemie produzierte bis in die 60er Jahre Pflanzenschutzmittel in ihrem Adlershofer Werk; Abwässer und in den Boden gesickerte Gifte flossen in den Teltowkanal. Im Schlamm gebunden, liegen sie bis heute am Kanalgrund, werden immer wieder ausgewaschen.

Der Kanal soll deshalb jetzt entschlammt werden. Und um giftige Altlasten im Einzugsbereich des Wasserwerkes zu sanieren, ist die Behörde an einer „engen Zusammenarbeit mit West-Berlin interessiert“. Auch ein Damm, der den Teltowkanal auf Ostberliner Gebiet am freien Fließen hindert, werde beseitigt, versprach Clausnitzer. Das Problem: Das Bewag-Kraftwerk Rudow, das am westlichen Ufer Kühlwasser abpumpt, heizt nicht nur den Kanal, sondern auch das Grundwasser auf, seit es im Kanal kaum noch fließt. So vermuten es zumindest die Ostberliner Behörden. Nahe dem Kanal ist das Grundwasser nämlich bis zu 20 Grad warm. Normal sind vier bis fünf Grad.

hmt