Enttäuschend für Voyeure

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(Tutti Frutti, So., 21.1., 22.30 Uhr, RTL plus) Als abiturloser Mensch habe ich durchaus etwas übrig für deftige TV-Unterhaltung. Catch Up sehe ich gelegentlich gern; Karl Dalls Talkshow Dall-As gefällt mir gerade ob ihrer Häme. Die öffentlich-rechtliche Samstagabendshow ist mir dagegen unerträglich. Lieber verfolge ich Hugo Egon Balders erquickend niederträchige Wortgefechte mit seiner Co -Moderatorin Hella von Sinnen in Alles nichts oder. Dennoch hätte ich statt Tutti Frutti lieber die gleichzeitige Talkshow auf SAT.1 gesehen, wo G. Löwenthal seine Beißleiste fletschen durfte. Jedenfalls verschmiert Balder auch in Tutti Frutti seinen Prol-Charme, enttäuschte jedoch völlig. Verlief der Beginn mit Balders unverhohlenem Blick in den Ausschnitt seiner Assistentin noch vielversprechend, so verlor die „Spielshow mit erotischem Flair“ rasch am lauthals angekündigten Reiz.

Tutti Frutti wird in Italien produziert. Was abwegige Showideen angeht, sind die Privatsender Italiens ja unübertroffen. In dieser geht es hauptsächlich darum, möglichst viele Brustbilder zu produzieren. Zwei KandidatInnen betreiben zwischen den diversen Entkleidungsaktionen des weiblichen Personals Rate- und Glücksspiele, die zum Teil mit dem Thema Europa zu tun haben. Beide können ihr Punktekonto auffüllen, indem sie ihrerseits Kleidungsstücke ablegen - eine Gelegenheit, zur Abwechslung auch mal einen nackten Männeroberkörper zu betrachten. Kulis legendäres Einer wird gewinnen fiel mir ein, nur gibt es hier statt acht KandidatInnen ebenso viele Stripperinnen, das Cin-Cin-Ballett und drei recht knapp bekleidete Assistentinnen (ferner garniert ein einzelner Assistent das Ensemble). Deutscher Hauptsponsor ist die 'Neue Revue‘, und wie von deren Titt..., pardon, Freudscher Vertipper, Titelblättern gepflückt sehen die Showgirls auch aus. Strahlend wackeln und schunkeln sie und entblößen sich, und irgendwann kommt Neid auf beim männlichen Zuschauer - ist es nicht eine verführerische Vorstellung, ohne jegliches Wissen und Können allein mit dem Ablegen einiger Kleidungsstücke ein Schweinegeld zu verdienen? Dabei öden die Auftritte der Vertreterinnen aus der Entkleidungsindustrie schon wenige Minuten nach Beginn der quietschbunden Show. Jedesmal „Oberteil weg, Strumpfgürtel weg, Abgang„; da wünscht sich selbst ein Mensch mit voyeuristischer Neigung das baldige Ende herbei. Ich für meinen Teil habe außerdem die Sache mit den Länderpunkten nicht verstanden - vermutlich braucht mann dazu schon wieder Abitur.

Harald Keller