Bundesparteien kurz vor der Zielgeraden

■ Die Partnersuche der Bonner Parteien in der DDR kommt langsam zum Abschluß / Entsprechend geht die Phase eigenständiger politischer Formationen im anderen Deutschland zu Ende / CDU (West) schwankt noch zwischen CDU (Ost) und DSU / FDP hofft auf Kraft der Ökonomie

Berlin (taz) - Was wir von der DDR lernen können, schrieb SPD Elder-Statesmen Klaus von Dohnanyi sinngemäß aus seinem inneren Exil in Hamburg an die „Deutschen Demokratischen Revolutionäre“, ist der unbedingte Wille zum demokratischen Prozeß.

Denn im Gegensatz zur BRD, so Dohnanyi, wird in der DDR nun, 40 Jahre nach Ende des Krieges für die Demokratie gekämft, die „uns“ von den befreundeten Siegermächten geschenkt wurde. Was die DDR nun von den bundesdeutschen Parteien gelehrt bekommt, so vergaß Dohnanyi hinzuzufügen, ist, wie man aus einer breiten demokratischen Bürgerbewegung eine kontrollierte Parteienoligarchie bundesdeutscher Prägung macht. Nach knapp zwei Monaten demokratischer Spielwiese für die Opposition in der DDR ist der Strukturierungsprozeß fast abgeschlossen. Am weitesten mit der Nase vorn Dohnanyis SPD. In der gestrigen Präsidiumssitzung der SPD (West) stand erneut die Unterstützung der SPD (Ost) auf dem Programm. Schließlich haben die Sozialdemokraten einen Vorsprung zu verteidigen, um den sie die CDU/CSU zutiefst beneidet. Aktuell auf dem Programm: wie soll sich die SPD (Ost) zum Austritt des SED -Promis Berghofer und dessen anvisierten Übertritt in den Schoß der Sozialdemokratie verhalten?

Einen Fingerzeig gab bereits der Bonner Mann vor Ort. Rudi Arndt, früherer Frankfurter Obermürgermeister und EP -Abgeordneter, managt nun den Wahlkampf der SPD in Thüringen und weiß gleich, wo's langgeht: „Solche Leute wie Berghofer braucht man.“

Den Blick fest auf die Umfrageergebnisse nach der Popularität einzelner Politiker in der DDR, wird wohl auch der Bonner Vorstand, wenn Berghofer so will, empfehlen, sich einen solchen Fang nicht entgehen zu lassen. Auch wenn der Sprecher der SPD-Ost, Hilsberg, zur Zeit noch anderer Meinung ist.

Viel schwieriger tun sich da noch die Bonner Regierungsparteien. Nach der Verweigerung der CDU-Ost und der prompten Gründung der DSU tagt die CDU-Fraktion für zwei Tage in Berlin, um in Arbeitskreisen mit verschiedenen Partnern aus der DDR die weitere Strategie zu klären. Während der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Friedrich Bohl, nach wie vor darauf hofft, daß der „quälende Prozeß der Selbstreinigung“ der CDU-Ost weitergeht und man die Truppe noch nicht abschreiben sollte, wollen andere CDUler wie Generalsekretär Rühe lieber ganz auf die Neugegründete „Deutsche Soziale Union“ setzen und möglichst viele Ost -CDUler zu dem neuen Verein herüberziehen.

In jedem Fall, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hornhus, gerate die CDU zunehmend unter Zeitdruck. Im Notfall, so Hornhus, werde man den DDR-Bürgern eine Wahlempfehlung für mehrere Parteien geben, schließlich „warten viele in der DDR auf dieses Signal“. Die FDP schließlich scheint sich für eine andere Variante der Partnersuche entschieden zu haben. Statt auf eine Partei setzen sie auf die Ökonomie und fordern, von wem auch immer, die schnellstmögliche Realisierung einer Wirtschafts- und Währungsunion, nach dem Motto: Kommt erst einmal die freie Marktwirtschaft, ist auch die FDP in der DDR nicht mehr zu verhindern.

JG