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GEPRÜGELTE HELDEN

■ Trak Wendisch in der Galerie am Chamissoplatz

Wie kann ich bloß etwas über die Gesichter in den Bildern des Ostberliner Malers Trak Wendisch erzählen, und woran erinnern die Körper seiner Skulpturen, damit sich jeder auf Anhieb vorstellen kann, wie sie aussehen? Vielleicht so. Gäbe es am Freitag schlechten Fisch und alle, nachdem sie ihn wieder halb herausgekotzt hätten, guckten in den Spiegel, sie sähen Wendisch-Köpfe: Dunkelrot bis violettgrün, verrotzt und mit blutunterlaufenen Augen schauten ihnen gallige Figuren ins Gesicht. Würde einigen daraufhin noch schwarz vor Augen, auch sie wären ein Wendisch. Helden, so scheint es, sind nicht das Thema des Bildhauers und Malers.

Dennoch spiegelt sich in den Bildern des Künstlers ein wilder Übermut, der aus den Schlachtfeldern deutscher Historienmalerei geholt ist. Wie seine Leipziger Lehrer, Bernhard Heisig und Wolfgang Peuker, konfrontiert Wendisch seine bleiernen Figuren mit der Sinnlosigkeit eines zerstörerischen Tuns und malträtiert sie mit dem Irrsinn, der sie auffrißt. Bricht wer aus, in letzter Verzweiflung, verstrickt er sich um so mehr in der absurden Welt. Bodenlos traurig und in physischem Einsturz begriffen, blutig geschlagen und einer schieren Verwesung nahe, hocken die Zombieköpfe in ihren Rahmen und bitten um Mitleid.

Als Metaphern für ein existentielles Erschrecken des Subjekts über die Welt, in der es keine Balance mehr gibt, sondern nur Grauen und Angst, personalisieren die Figuren einen desillusionierten Zustand. Schaut man genauer hin, neben die in Auflösung begriffenen Konturen und hinter die aggressiv nebeneinandergesetzten Komplementärfarben, dann verdichten sich die Formen wieder und rappeln sich zu traditionellen Abdrücken aus dem Repertoire klassischer Ikonographie und einer mythologischen Bilderwelt auf und symbolisieren nun, mit einem Schuß Zeitgeist auf modern gepeppt, wahre Größe in der Niederlage. Als hätten sie sich selbst demontiert oder erniedrigt, nähern sich die Figuren einem Verband aus Übermenschlichkeit, der wieder festen Halt bietet. So heilt selbst dem Boxer Hagler („Tribute to marvelous Marvin Hagler“) und seinen abgeplatzten Sparringpartnern der blutige Schädel, wenn er davor als Symbol innerer Stärke immer noch die Fäuste fliegen läßt. Auch die Totenköpfe täuschen nur ihren endgültigen Zustand vor. Bei Wendisch sehen sie aus wie Spiegelbilder des Schweißtuchs Jesu, das in neuen Kulissen den Leidensmann dramatisiert. Schließlich opfert Wendisch seine Frauengestalten dem Mythos der Kunst ebenso wie einem Voyeurismus, indem die Darstellung sexueller Gewalt auch zum Schauspiel geriert, dem Ewigkeitsritual „Frau reizt Mann reizt Tod“ folgend. Leergeräumt hat Wendisch seine Räume also nicht.

Als sollten sie den Gemälden und Grafiken widersprechen, verlieren Wendischs hölzerne Skulpturen dagegen wirklich. Wie ihre kranken Ahnen verkümmern die ausgedörrten, geschlagenen Figuren, die noch einmal ausgreifen wollen, ihre Bewegungen aber nicht mehr unter Kontrolle haben. Auf dicken Füßen und mit massigen Händen suchen die Skulpturen Halt im Raum. Die spastischen Aktivitäten, die sie zu erzeugen suchen, sind bloßer Reflex. Sie sind die wirklich Ausgelieferten und Verstoßenen, die im Unterschied zu Alberto Giacomettis Plastiken haptisch wirken und deshalb auch sichtbar vergehen.

rola

„Trak Wendisch - Bilder und Skulpturen 1989/90“ - bis 4. März in der Galerie am Chamissoplatz zu sehen. Di bis Sa 16 -19, So 14-18 Uhr.

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