Unser Häuschen im Grünen

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(Der Bettler vom Kurfürstendamm, Mo., 22.1., 19.30 Uhr, ZDF) Das Berliner Kleinbürgertum hockt im Cafe Kranzler bei einer Hochzeitsfeier zusammen und packt bei der sechsten Flasche Schampus seine Anekdoten aus. Das ZDF macht daraus eine „besinnliche Komödie“ in hellen Farben, lustiger Musik, alten Schupo-Kostümen, Peggy March-Frisuren und Nierentisch -Wohnzimmer. Was war es früher doch schön! Wie hat das Leben uns kleinen Leuten mitgespielt, aber wir haben den Kopf nicht hängen lassen, uns ein sonniges Gemüt bewahrt und uns durchgebissen. Erzähl doch mal, Onkel August.

Tischlermeister August ist nach dem Krieg im falschen Teil Berlins gelandet, im sowjetischen Sektor. Im Dritten Reich Parteigenosse und SA-Mann, „aber innerlich war ich dagegen“, hat er nun den goldenen Westen vor der Haustür, doch ihm bleiben nur verschrumpelte Kartoffeln und Ulbrichts Spitzbart. Zudem liegt seine arme Frau todkrank im Bette, und die dicke Haushälterin steigt ihm nach, „ich hab‘ ihnen heute Ihr Leibgericht gemacht“.

Unser August ist aber einer von der hellen Sorte, einer, der sich nicht unterkriegen läßt, denn er will „ein besseres Leben für mein Idalein und mich“. Er fährt nun täglich rüber nach West-Berlin, um am Ku'damm zu betteln. Kommt natürlich auch ordentlich was zusammen, die Schwester legt ihm ein Bankkonto an, der Schwager ist enttäuschter Altkommunist und keift verbiestert. August schliddert dann in einen westlichen Banküberfall, erbeutet aber nur zehntausend Ostmark, die er am nächsten Tag zurückbringen will, aber da wird plötzlich die Mauer gebaut, alles im Eimer, seine Frau stirbt, und die Haushälterin wird immer aufdringlicher, „wann kommt denn endlich die Rauhfasertapete“. Der einzige Lichtblick im grauen Osten ist ein junges Frollein, aber die heult sich auch die Augen aus, denn ihr Verlobter wartet im Westen. Endlich steht Fleuchthelfer Udo in der Tür, und bei Nacht und Nebel stapfen sie durch einen Abwasserkanal in die ersehnte Freiheit.

Das gute Schwesterherz hat inzwischen schlauerweise das Bankkonto geplündert und ein Häuschen im Grünen gekauft, da die Preise seit dem Mauerbau ja enorm gefallen sind. Dort zieht unser August nun ein, bringt auch das geklaute Geld zurück und bekommt eine schöne Belohnung. Das junge Frollein fällt ihrem Verlobten in den Arm, alles ist in Butter, August bekommt sogar noch eine Pension vom Berliner Senat und hat so allen ein Schnippchen geschlagen.

Schließlich liegt er im Klappstuhl im Garten, sein Schwager mäht den Rasen, auch wir kleinen Leute haben es zu was gebracht. Das sind so die Geschichten, die das Leben schrieb und die das Fernsehen verfilmt. „Wat war et früha scheen.“

Olga O'Groschen