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Stoltenberg macht Jäger 90 Dampf

■ Mit Großbritanniens Verteidigungsminister King einigt er sich auf Übernahme des britischen Radarsystems für das umstrittene Rüstungsprojekt / Britische Regierung übernimmt finanzielle Garantien / Lizenzproduktion von 600 Leopard II als Kompensation?

Dublin/Berlin (taz) - Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg beeilt sich, das „Jäger90„-Projekt unter Dach und Fach zu bringen: Mit dem britischen Verteidigungsminister Tom King einigte er sich am Montag abend darauf, das europäische Kampfflugzeug Jäger90 mit dem britischen Radarsystem ECR90 auszurüsten. Bisher hatte Stoltenberg das deutsche System MSD2000 durchsetzen wollen; es basiert auf dem bereits erprobten US-amerikanischen Hughes-Radar und sollte von einem Konsortium unter Führung von Daimler-Benz produziert werden.

Der Entscheidung ging ein langwieriger Streit zwischen der Bundesregierung und den drei anderen am Jäger90-Projekt beteiligten Ländern voraus: Großbritannien, Italien und Spanien hatten von Anfang an das Ferranti-System favorisiert, weil es beim Einsatz über Meeren genauer arbeite.

In Zeitnot geraten durch die Haltung des Koalitionspartners FDP, der das Jäger90-Projekt inzwischen offen ablehnt, ließ Stoltenberg sich durch Kings Argument überzeugen, die britische Regierung werde mögliche Sonderkosten, die durch Probleme bei der technischen Entwicklung entstehen könnten, übernehmen. Die Rede ist von 200 Millionen Mark.

Nach Informationen der taz soll auch eine Rolle gespielt haben, daß das Ferranti-System geeignet sei, als Nachfolgesystem für den „Tornado“ zu dienen - wohl für den Fall, daß die BRD doch noch vom Gesamtprojekt zurücktritt. Außerdem sei die Lizenzproduktion von 600 Leopard-II-Panzern in Großbritannien in Aussicht gestellt.

Vier Konzerne teilen sich das Radargeschäft im Wert von 1,6 Milliarden Mark: Siemens und Ferranti erhalten je ein Drittel der Aufträge, während der Rest an Inisel in Spanien und FIAR in Italien geht. Insgesamt sollen 765 Kampfflugzeuge gebaut werden. Davon erhalten die BRD -Luftwaffe und die Royal Air Force jeweils 250 Stück. Martin O'Neill, der Verteidigungsminister des Labour -Schattenkabinetts, zeigte sich über die Nachricht des Radar -Auftrags zwar erleichtert, forderte von der Regierung jedoch eine formelle Unterhauserklärung zu den Vertragsbedingungen. „Der Vertrag muß wasserdicht sein, weil in Deutschland große Unsicherheit über das Projekt herrscht“, sagte O'Neill. „Wir können nur hoffen, daß unsere Sorgen durch die Einigung zerstreut werden.“

Ferranti ist durch den Auftrag gerade noch vor der Pleite bewahrt worden. Der Rüstungskonzern war im letzten Jahr nach einem Buchführungsbetrug seiner US-Tochtergesellschaft „International Signal and Control“ (ISC) in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Man befürchtete, daß die schwindende „Gefahr aus dem Osten“ das Jäger90-Programm Ferrantis Rettungsanker - gefährden könnte. Es bleibt die Frage, ob die Haltung der FDP diese Befürchtungen noch einmal zu nähren in der Lage ist. FDP-Sicherheitsexperte Olaf Feldmann äußerte sich zurückhaltend: Es sei falsch, jetzt Fakten zu schaffen, da über den Jäger90 noch nicht endgültig entschieden sei.

Ralf Sotscheck/Andreas Zumach

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