Portugal: Erfolgloser Hungerstreik

■ Als er mehr als drei Jahre in Untersuchungshaft saß, begann Ramos dos Santos Hungerstreik / Gesetzliche Höchstdauer überschritten / Nach 45 Tagen Aktion erfolglos abgebrochen

Selbst 45 Tage Hungerstreik und zähe Verhandlungen mit der portugiesischen Justiz blieben für den im „Fall FP-25“ bei Lissabon inhaftierten Jose Ramos dos Santos vergebens. Gestern brachen Dos Santos und vier weitere FP-25-Häftlinge, die sich mit ihm solidarisiert hatten, ihren Hungerstreik ab. Zuvor hatte die Verteidigung beantragt, Ramos dos Santos bis zur Hauptverhandlung auf freien Fuß zu setzen, weil die gesetzlich zulässige Untersuchungshaftdauer von drei Jahren längst überschitten sei. Das zuständige „Landesgericht“ in Evora lehnte das Ansinnen ab.

Jose Ramos dos Santos, der wegen Mitgliedschaft in der Terrorgruppe FP-25 (Forca Popular 25 de Abril) seit Ende 1986 inhaftiert ist und auf sein Verfahren wartet, verweigerte seit dem 1.Dezember, dem Tag, an dem die gesetzlich festgelegte Höchstdauer der Untersuchungshaft überschritten war, die Nahrungsaufnahme, um seine vorläufige Entlassung zu erzwingen. Diese wurde ihm damals wie heute versagt. Die Gründe lieferte zunächst ein einziger Amtsrichter in Evora, Paulos Rijo Ferreira, der sich schließlich durchsetzte: Eine Wiederbelebung des bewaffneten Widerstandes durch Ramos dos Santos sowie die Gefahr des Untertauchens während der Zeit bis zur Verhandlung könne nicht ausgeschlossen werden. Auch das „Landesgericht“ in Evora vertritt nun diese Auffassung. Der Häftling wurde als „gefährlich“ eingestuft.

In Erscheinung getreten war die FP-25 zuletzt 1987, als Mitglieder drei Bankfilialen überfielen; zu einer Zeit, in der Ramos dos Santos schon inhaftiert war. Zwar bestünde diese Gruppe noch, sei jedoch nicht mehr aktiv, beschreibt Isabel do Carmo, Wortführerin der Organisation „Pro -Amnestia“. „Es ist nicht einzusehen, warum Ramos dos Santos nicht zu dem gleichen Recht kommt wie Otelo und 28 andere FP -25-Inhaftierte, die letztes Jahr entlassen wurden.“

Otelo de Carvalho, einst als Kopf der Putschisten während der „Nelkenrevolution“ 1974 vom portugiesischen Volk gefeiert, war 1984 festgenommen und zu 18 Jahren Haft wegen Beteiligung an der FP-25, dem Untergrundflügel einer von ihm gegründeten linksradikalen Partei, verurteilt worden. Klare Beweise hatte es nie gegeben und Otelo wurde letztes Jahr vorläufig freigelassen - so lange, bis neu über seinen Fall verhandelt wird. Seitdem distanzierte er sich jedoch öffentlich von den im Zusammenhang mit der FP-25 Inhaftierten.

Der Hungerstreik schien eine Möglichkeit zu sein, auf das Schicksal dieser Inhaftierten aufmerksam zu machen. Jetzt bleibt nur noch eine Amnestie durch den Präsidenten. Doch Präsident Soares zeigte sich bisher wenig geneigt.

Johannes Röhrig