„Komplizierter Diskussionsprozeß“

Gruppen und Parteien des runden Tisches sind uneins über eine große Koalition  ■  Aus Ost-Berlin Petra Bornhöft

Die wenigsten Politiker und Politikerinnen des runden Tisches wollen mit fliegenden Fahnen in Modrows Kabinettsrunde wechseln. So endete gestern die Versammlung der Opposition im „Haus der Demokratie“ nur mit der Vereinbarung eines neuen Termins. Am Freitag werden die Gruppen weiter verhandeln, ob sie das Angebot von Ministerpräsident Hans Modrows (SED), in die Übergangsregierung einzusteigen, annehmen werden.

Hinter den festverschlossenen Türen des „Wilhelm-Pieck -Saales“ stritten die Damen und Herren heftigst über die Einschätzung der Situation. Denn, darin sind sich die relevanten Organisationen im Prinzip einig, „in einer Notsituation müssen wir Regierungsverantwortung übernehmen“, wie Wolfgang Ullmann (Demokratie jetzt) sagte. Ähnlich hatte bereits vor dem Treffen die SPD öffentlich argumentiert. Auch Wolfgang Schnur vom Demokratischen Aufbruch (DA) hatte signalisiert, Modrow nicht im Stich lassen zu wollen. Hauptstreitpunkt indes bildete die Frage: Ist die DDR nur noch zu regieren, wenn die bisherige Opposition auf Ministersesseln Platz nimmt? Die Antwort darauf sei, so Ullmann zur taz, „nicht einhellig, der Diskussionsprozeß verläuft äußerst kompliziert“. Für Demokratie jetzt (DJ) trete der „Notfall“ erst dann ein, wenn die „kommunalen Verwaltungsstrukturen zusammenzubrechen und die Betriebsleitungen handlungsunfähig zu werden drohen. Soweit scheint es noch nicht zu sein“.

Mehr noch als eine Identifikation der neuen Regierung mit der alten SED-Macht sowie eines damit verbundenen Wahlsieges der Rechten fürchtet DJ nun indes einen „Alleingang einzelner Gruppen“. Diese Angst scheint den Demokratischen Einbruch wenig zu plagen. Er forderte gegenüber 'dpa‘ den Rücktritt von Modrow und aller SED-Minister, mindestens deren „zeitweilige Niederlegung der SED-Mitgliedschaft“. Diese Bedingung für den Eintritt in die Regierung, so die Flur-Spekulationen, seien vor allem dem Werben des Demokratischen Aufbruchs um Anerkennung durch die Bonner CDU geschuldet.

Die Vertreter des Neuen Forums hüllten sich gänzlich in Schweigen. Wenig mehr ließ die SPD verlauten. Vorstandsmitglied Markus Meckel speiste die Journalisten mit der Bemerkung ab, eine Regierungsbeteiligung sei „vorstellbar“.