Moschee mit einem Übersiedler

■ „Fatih„-Moschee in Gröpelingen lud Aus- und ÜbersiederInnen ein / Kaum Resonanz

Die muslimischen Männer in der Gröpelinger „Fatih„-Moschee hatten eine Idee: Sie wollten mit den Aus- und ÜbersiedlerInnen in „zwischenmenschlichen Kontakt“ treten, die neuen ZuwanderInnen in ihre Moschee einladen und bewirten. Sie fuhren in die Übergangswohnheime und hängten dort ihre Einladungen aus. Auch baten sie Dr. Dagmar Lill und ihre „Zentralstelle für ZuwanderInnen“ um Unterstützung: Doch die Resonanz in den Übergangswohnheimen war gering. Ein einziger Ex-DDR-Bürger hatte den Weg in die Moschee gefunden, der ehemalige Magdeburger wohnt in der Wilhelm -Kaisen-Kaserne und hat Arbeit auf einer Bremer Werft gefunden. Er hatte fest damit gerechnet, daß von seinen „Kumpels“ noch einige dazukommen würden und war ebenfalls verwundert, als er gestern nachmittag der einzige Übersiedler war und blieb. Die Gruppe der AussiedlerInnen war

für kurze Zeit durch eine Frau und einen Mann vertreten, die jedoch nur gebrochen deutsch sprachen und sich - mangels Dolmetscher - recht bald aus der Moschee entfernten.

So waren es außer dem einen „Übersiedler“ nur noch PressevertreterInnen und MitarbeiterInnen der „Zentralstelle“, die sich von den türkischen Muslims in der Moschee begrüßen und bewirten ließen. Mehmet Kilinc, Gemeindemitglied der jüngeren Generation, erläuterte dem kleinen Kreis die „Grundidee“, die zu der ungewöhnlichen Einladung geführt hatte: „Die Aus- und Übersiedler sind unsere Nachbarn, und es ist eine Gottespflicht, ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn zu haben.“ Die türkischen Bremer wollten den „neuen Mitbürgern“ ihre Freundschaft antragen. Kilinc: „Denn sie befinden sich gegenwärtig in einer Lage, die wir so ähnlich auch einmal erfahren haben.“

Nur Dagmar Lill wagte es, das „heiße Thema“, das Spannungsverhältnis zwischen Übersiedlern und Ausländern, in zwei vorsichtigen Sätzen anzusprechen.

Die kleine Schar der nicht-muslimischen Gäste bekam dann Gelegenheit, vor Sonnenuntergang dem Nachmittagsgebet der türkischen Männer zuzuschauen, sich einmal ausführlich die muslimischen Riten und das Innere einer Moschee erklären zu lassen und anschließend im Nebenraum türkische Pizza zu schmausen und türkischen Tee zu schlürfen.

15 Moscheen gibt es in Bremen und umzu, zwei davon in Gröpelingen. Die „Fatih„-Moschee ist arm. Sie lebt von den Mitgliedsbeiträgen und Spenden der türkischen Arbeiterfamilien. Auch hat sie keine üppigen orientalischen Rundkuppeln auf dem Dach und kein schlankes Minarett zur Seite. Sie ist von außen überhaupt nicht als Moschee zu erkennen, sondern ganz schlicht in der quader

förmigen Halle einer ehemaligen Großreinigung eingerichtet. Die kargen Wäscherei-Wände sind mit Holz verkleidet. Auf dem Boden liegt grüner Teppichboden. An der Wand hängt außer Koransuren und Teppichen mit religiösen Motiven auch eine Küchenuhr. Im Nebenraum befindet sich ein Teehaus, ein kleiner Laden und in der Ecke, mit einer Gardine abgetrennt, ein Friseurstuhl. Das Kirchliche und das Weltliche sind überraschend eng beieinander. Beim Beten ist sogar Zuspätkommen erlaubt, wie die Gäste erstaunt registrieren. Und auch das türkische Milchgetränk mundet sehr.

Insgesamt also ein ein Nachmittag, wie er christlichen Ungläubigen nicht jeden Tag geboten wird.

Die Männer aus der „Fatih„-Moschee wollen nun beraten, ob und wie sie ihren Kontakt-Versuch künftignoch einmal wiederholen können.

Barbara Debus