Armenier sind die Opfer-betr.: "Armenier und Aseris vor dem Bürgerkrieg", "Armenier müssen auf Berg-Karabach verzichten", taz vom 16.1.90

betr.: „Armenier und Aseris vor dem Bürgerkrieg“, „Armenier müssen auf Berg-Karabach verzichten“, taz vom 16.1.90

Für H.Jazdani sind die Aserbaidschaner die Opfer, nach meinen Informationen (die zum größten Teil von der Gesellschaft für bedrohte Völker stammt), und meinem Gefühl sind immer die Armenier die Opfer gewesen! Seien es nun die zwei Millionen Opfer türkischer Verfolgungen zu Beginn des Jahrhunderts, oder diejenigen Opfer, die heute unter den Erdbebenfolgen und der russischen Atompolitik zu leiden haben.

1976 ging 24 Kilometer von der Millionenstadt Eriwan entfernt ein Atomkraftwerk (gleichen Typs wie in Tschernobyl) ans Netz! Armenien muß fortan nicht nur seine Nachbarrepubliken Aserbaidschan und Georgien beliefern, die sich im Unterschied zu den Armeniern den Plänen zur Errichtung eines Atomkraftwerkes auf ihrem Gebiet erfolgreich widersetzten, sondern ausgerechnet noch den alten Erzfeind, die Türkei!

Seit der Inbetriebnahme wurden mehr als 150 Zwischenfälle (Austreten radioaktiver Gase und verseuchtes Wasser, drei Zwischenfälle zwischen 1980 und 1985) verzeichnet. Es war ein Wunder, daß Armenien von einer Katastrophe verschont blieb. In den an das Atomkraftwerk angrenzenden Gebieten entfielen auf zehn Geburten fünf Totgeburten oder Kinder mit Mißbildungen. Wiederholte und jahrelange Proteste und Hilferufe der Armenier blieben bis heute erfolglos.

Auch dem Versprechen Gorbatschows im Februar 1988 „einer gerechten Lösung“ der Karabach-Frage folgte lediglich eine Verleumdungskampagne der Medien, die die Karabach-Bewegung als „extremistisch“ und „ferngesteuert“ hinstellte.

Nach über einem Jahrhundert ständiger Verluste an Menschenleben und Gebieten und dem Erdbeben von 1988, bei dem die Aserbaidschaner einen schnellen Wiederaufbau unter anderem durch Blockaden behindert haben, kann ich durchaus verstehen, daß die Armenier nicht mehr bereit sind, widerstandslos die schleichende „Türkisierung“ auch noch des freiheitsliebenden Arzachs hinzunehmen.

Anke Jacobi, Berlin