Skandinavische Banken sperren aus

Schweden und Finnland: Arbeitgeber gegen Lohnforderungen und Rationalisierungsschutz  ■  Aus Stockholm Reinhard Wolff

In Schweden und Finnland sind die Schlangen vor den Bankschaltern seit Anfang dieser Woche rekordverdächtig lang. Die BürgerInnen beider nordischer Länder plündern und überziehen in trautem Gleichklang ihre Konten bis auf die letzte Öre und den letzten Penniä. Es handelt sich aber beileibe nicht um einen Wettstreit, der unter den alten und neuen Sportrivalen ausgetragen wird. Nein, alle wollen an Bargeld kommen, bevor es zu spät ist.

In Finnland ist der Run allerdings schon am Mittwoch nachmittag zum Schalterschluß gelaufen. Gestern trat eine Aussperrung der Arbeitgeber gegen ihre „uneinsichtigen“ Angestellten in Kraft. In Schweden darf noch bis heute Schlange gestanden werden. Dort beginnt am kommenden Montag eine ähnliche Aussperrung gegen 60.000 Bankangestellte.

Die Tarifverhandlungen in beiden Ländern sind am Geld und an Maßnahmen gegen die Rationalisierungswelle gescheitert. Ankündigungen der Angestelltengewerkschaften, mit Überstundenblockaden beziehungsweise dem Stopp des Auslandsgeldverkehrs Druck machen zu wollen, wurden in beiden Ländern von den Arbeitgebern mit Aussperrungen und geschlossenen Türen beantwortet.

Dann also läuft kein einziges Bankgeschäft mehr. Der Termin zum Monatsende ist mit Bedacht gewählt: Frau Suomi und Herr Svensson können dann nicht mehr an das gerade auf Auffüllung wartende Konto heran. Firmen können dagegen einige Tage Zahlungsstopp wegen „höherer Gewalt“ besser verkraften.

Neben Lohnerhöhungen - in Schweden klaffen Angebot und Forderung über 15 Prozent auseinander - geht es den Gewerkschaften vor allem um die Sicherung der Arbeitsplätze. Die skandinavische Bankenwelt ist EG-bedingt seit Monaten von einem wahren Fusionsfieber befallen. Damit einhergehend und dadurch noch verstärkt hat eine Rationalisierungswelle begonnen, bei der ständig weitere Filialen, Abteilungen und eben Arbeitsplätze unter die Räder kommen. Die Verbissenheit der Tarifparteien hat ihre guten Gründe.