Grapos in Gefahr

■ Hungerstreik der spanischen „Grapo“ nach 57 Tagen lebensbedrohlich / Regierung lehnt weiter Zusammenlegung ab

Berlin (taz) -In akuter Lebensgefahr schwebten gestern nach Angaben des spanischen Justizministeriums zwei der 51 hungerstreikenden gefangenen Mitglieder der bewaffneten Organisation „Grapo“ (Revolutionäre antifaschistische Gruppen 1. Oktober). Als „bedrohlich“ bezeichnete das Madrider Justizministerium auch den Gesundheitszustand von weiteren 41 Hungerstreikenden, die derzeit stationär betreut werden, lehnte jedoch die von ihnen geforderte Zusammenlegung kategorisch ab. Die Verteilung wegen terroristischer Delikte Gefangener auf verschiedene Haftanstalten sei ein zentraler Faktor bei der Bekämpfung bewaffneter Organisationen. Gerüchte über Verhandlungen zwischen Grapo und der sozialistischen Regierung über eine bevorstehende Legalisierung des politischen Arms der bewaffneten Organisation, die Spanische Kommunistische Wiederaufbaupartei (PCEr), als Gegenleistung für den Abbruch des Hungerstreiks, wurden von Sprechern beider Seiten dementiert.

Die beiden Grapo-Mitglieder, deren Zustand gestern am bedrohlichsten schien, Jose Balmon und Olegario Sanchez Corrales, liegen im Gefängniskrankenhaus von Saragossa, wo der zuständige Richter die Zwangsernährung erst gestattet, wenn die Gefangenen bewußtlos sind. Seit Tagen streitet die spanische Justiz über den „richtigen Zeitpunkt“ für die Zwangsernährung, um - wie von Justizminister Enrique Mugica gefordert - Todesfälle auf jeden Fall zu verhindern. Konsens ist lediglich, Hungerstreikende im Koma zu ernähren, vorher werden sie je nach Weisung des zuständigen Provinzialrichters zwangsernährt oder auch nicht.

Familienangehörige der Grapo-Mitglieder, die seit dem 22. Dezember die Rote-Kreuz-Büros in Madrid, Vigo und Bilbao besetzt halten, bezeichnen die Zwangsernährung als Folter, dieser Einschätzung schließen sich auch einige Ärztegruppen an. In der spanischen Öffentlichkeit hingegen gilt die Zwangsernährung eher als „humanitäre Verpflichtung“ des Staates.

dora